Wesel Koran-Übersetzung von 1543 restauriert

Wesel · Wilhelm Schulte-Mattler wurde gestern 80 und hat als Initiator der Heresbach-Initiative der Stadt ein Buch geschenkt.

 Buchpate Wilhelm Schulte-Mattler freut sich mit Bürgermeisterin Ulrike Westkamp und Stadtarchivar Dr. Martin Wilhelm Roelen (l.) über das restaurierte Werk.

Buchpate Wilhelm Schulte-Mattler freut sich mit Bürgermeisterin Ulrike Westkamp und Stadtarchivar Dr. Martin Wilhelm Roelen (l.) über das restaurierte Werk.

Foto: Malz (2)

Wilhelm Schulte-Mattler, der drei Jahrzehnte als Ratsherr und 26 Jahre als Vorsitzender der CDU-Ratsfraktion die Entwicklung der Stadt entscheidend mitgeprägt und den Eselorden als überregionalen Werbeträger für Wesel erfunden hat, feierte gestern bestens gelaunt seinen 80. Geburtstag. Und zwar an einem ungewöhnlichen Ort: im gemütlichen Besucherraum des Stadtarchivs in der Zitadelle. In seien "liebsten Aufenthaltsraum in der Stadt" hatte er rund 40 Freunde, Bekannte und (politische) Wegbegleiter geladen, um sich im Rahmen einer kleinen Feierstunde selbst zu beschenken.

 Oben ist der Stempel des Weseler Gymnasiums aus den 50ern zu sehen. Lange lag es dort auf dem Speicher.

Oben ist der Stempel des Weseler Gymnasiums aus den 50ern zu sehen. Lange lag es dort auf dem Speicher.

Foto: Malz, Ekkehart (ema)

Als Initiator der 1994 zusammen mit der früheren Stadtarchivarin Dr. Jutta Prieur-Pohl gegründeten Heresbach-Initiative zur Rettung Weseler Handschriften und Bücher, hatte sich Schulte-Mattler ein ganz besonders Werk ausgesucht, um es in der Werkstatt des Stadtarchivs aufwendig restaurieren zu lassen. Der Band, der aus zwei Büchern zum Thema Koran besteht, stammt aus der einst im Willibrordi-Dom untergebrachten Bibliothek des Humanisten Konrad Heresbach (1496 - 1576) und enthält neben zahlreiche Notizen seines Besitzers auch einen Stempel des Staatlichen Weseler Gymnasiums aus den 50er Jahren. Dort nämlich, im heutigen Amtsgericht, lag die 1543 in Basel gedruckte Koran-Übersetzung in lateinischer Sprache neben vielen anderen alten Büchern - unsachgemäß aufbewahrt - auf dem Dachboden. Schulte-Mattler, damals in der Obersekunda, erinnert sich, "dass man damals Leute einfach auf den Speicher gelassen hat, so dass Schäden an den Büchern entstanden sind, die nicht hätten sein müssen". Der 80-Jährige ("Ich bin restlos begeistert von der Arbeit der Restauratorin Gisela Wächter. Die Koran-Übersetzung passt in die Zeit") überreichte das kostbare Stück Bürgermeisterin Ulrike Westkamp als Geschenk an die Stadt. Diese bedankte sich herzlich, revanchierte sich mit einer Urkunde und einer Dankesrede, in der sie das Engagement des Jubilars als Politiker, Motor der Heresbach-Initiative und Pate von mittlerweile vier historischen Büchern würdigte.

Ans Rednerpult trat dann auch noch Stadtarchivar Dr. Martin Wilhelm Roelen. In seinem hochinteressanten Vortrag ging er auf die spannende Geschichte des Buches ein, das nach einigen Auseinandersetzungen bei dem berühmten, fortschrittlichen Baseler Drucker Johannes Oporinus erschien. "Opornius", so ließ Dr. Roelen seine Zuhörer wissen, "wurde während der Drucklegung beim Baseler Stadtrat denunziert. Er hatte nicht, wie üblich, sein neuestes Werk zur Begutachtung vorgelegt." Da nicht klar war, ob so ein Buch eine Gefahr für das "gemeine Volk" darstellt, wurde der Druck gestoppt. Erst ein Brief von Martin Luther führte dazu, dass der Rat den Druck gestattete.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort