Niederrhein Lustiges Morden in der Ruhrpott-Idylle

Niederrhein · Nach "Leichenpuzzle" veröffentlicht Kai Magnus Sting den Krimi "Die Ausrottung der Nachbarschaft".

Es stirbt sich doch schöner in einem hübschen Umfeld als in einem dreckigen Hinterhof, meint Kai Magnus Sting und lässt deshalb die Bewohner in einer idyllischen Ruhrgebietssiedlung gleich reihenweise um die Ecke bringen. Von wem? Das ist schwer zu erraten, denn diesmal führt der vor allem als humorvoller Kabarettist bekannte Sting sein Krimi-Personal wie einst bei Agatha Christie vor. Und sein Hauptermittler, der ganz passabel übergewichtige Rentner Alfons Friedrichsberg, ermittelt passagenweise wie der legendäre Hercule Poirot, unterstützt von Jupp Straeten und Willi Dahl, zwei anderen Skatbrüdern im Seniorenalter, die im Buch ein wenig zu kurz kommen.

Bereits in seinem Krimi-Erstling "Leichenpuzzle" hat Sting keinen Zweifel daran gelassen, dass er es deftig mag. Und bereits im Titel seines neuen Buches klingt diese Deftigkeit unmissverständlich an: "Die Ausrottung der Nachbarschaft." Im Gegensatz zum "Leichenpuzzle", bei dem in Scary-Movie-Manier ziemlich bestialisch, aber immer auf eine einzige Art gemordet wird, kommen diesmal die Mieter auf unterschiedliche Weise ums Leben. Den Anfang macht dabei übrigens ein Prof. Kaiser, dessen mit Lederriemen fixierter Kopf im Gartenteich untergetaucht ist. Kommentiert wird das so: "Da kannst du in deinem Leben noch so viele Seepferdchen, Freie Schwimmer oder sonstige Abzeichen erturnt und erschwommen haben: Wenn du so im Gartenteich hängst, dann ist Schluss."

Kai Magnus Sting mag es makaber, und sein Friedrichsberg ist auch durch nichts zu erschüttern. Da mag jemand noch so kurios-brutal ermordet worden sein: Sting findet zusammen mit seiner Romanfigur immer wieder einen guten Spruch, über den man sich freut.

Humor ist überhaupt der Haupttrumpf in Stings Romanen. Diesmal ist zusätzlich der Spannungsbogen etwas eleganter gezogen als beim "Leichenpuzzle"-Erstling. Natürlich hat Sting bei der Mördersuche keine ernstzunehmende Motivierung angestrebt; vielmehr lässt er die Morde wie lustige Einfälle in die Handlung tropfen. Der bösen Phantasie sind dabei kaum Grenzen gesetzt. Wichtiger als alles andere sind die Typen, die Sting kreiert. Denen schaut er aufs Maul und die lässt er Sätze sagen, die zum Teil so entwaffnend komisch sind, dass man beim Lesen immer wieder schmunzeln oder, wenn es das Temperament hergibt, laut lachen muss.

Ein bisschen fragt man sich natürlich auch, wer der Täter ist. Der Hauptverdächtige ist es natürlich nicht. Der muss selber irgendwann dran glauben. So viel darf man verraten. Und fast so wie Agatha Christie erfährt man am Schluss eine Lösung des Falles, die man wohl am wenigsten erwartet hat. Bei Agatha Christie war es einmal übrigens der Ich-Erzähler. So weit geht Sting nicht, aber er findet eine andere Lösung, die man selbst im Nachhinein kaum für möglich hält... Besonders vergnüglich sind die Passagen, in denen Sting "Milieu" schildert. Die Grill-Party, bei der Friedrichsberg den Mörder zu entlarven hofft, ist ein kleines Paradestück des Krimis.

Wer Sting auf der Bühne erlebt hat und "Die Ausrottung der Nachbarschaft" liest, wird im inneren Ohr den Tonfall des Kabarettisten hören. Live kann man ihn am Donnerstag, 22. September, 20.15 Uhr, in der Mayerschen Buchhandlung erleben, wenn er dort seinen Krimi vorstellt. Das wird gewiss ein lustiger Abend.

Kai Magnus Sting: Die Ausrottung der Nachbarschaft. KBV-Verlag, 300 Seiten, 10.95 Euro; als E-Book 8.99 Euro.

(pk)
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