Wesel Massen zog’s zum Mittelalter

Wesel · "Zu Gast bei Freunden": Tausende erfreuten sich am bunten Treiben auf dem 13. Hansefest. Weil vor allem gestern das Wetter mitspielte, wurde der verkaufsoffene Sonntag für heimische und fahrende Händler ein Erfolg. "Nun sehet und staunet ihr niederes Volk, wie ich dies Instrument des Teufels mit einer Schnur so zart wie Seide werde emporschlagen in die Unendlichkeit des Himmelreiches", schrie Gaukler Jeremias der staunenden Menge zu und warf sein Diabolo hoch in die Luft. Die Glöckchen an seinen Schnabelstiefeln klingelten, als er durch die Menge hechtet um das rotierende Jongliergerät wieder aufzufangen.

 Farbenfroh gings zu beim Weseler Hansefest.

Farbenfroh gings zu beim Weseler Hansefest.

Foto: Karin Koster

Aus Hörnern wird getrunken

Das Raunen des Pöbels (der Schaulustigen) war noch nicht verstummt, da griff Jeremias bereits zu brennenden Keulen und geheimnisvoll leuchtenden Bällen. Hier ein Witz, dort ein Spruch und der mittelalterliche Gaukler mit den Entertainmentqualitäten eines Robbie Williams hatte die Massen in seinen Bann gezogen.

So wie er trieben sich am Wochenende viele Gaukler, Troubadoure und Spieler durch die Straßen der Weseler Innenstadt. Und je weiter sich die Besucher des 13. Weseler Hansefestes dem Berliner-Tor näherten, desto öfter begegneten ihnen Menschen mit Piratenhüten, Wams und Rüschenhemden, die aus Hörnern tranken. Das Wetter war Besuchern wie Ausstellern am Samstag auf dem Mittelaltermarkt nicht freundlich gesinnt, doch auch das tat dem Vergnügen keinen Abbruch, sondern unterstrich eher noch das düstere Ambiente des Mittelalters. Rund um das Berliner Tor fand man sich schließlich in mitten des Marktrummels wieder und ließ sich ins 14. Jahrhundert zurückversetzen.

Dort wurde es laut, denn die Dreierkombo "Nachtwindheim" spielte mittelalterliche Stücke wie den Schweinehirtentanz und ließ es mit Trommel und Sackpfeife, Laute, Harfe oder Flöte mächtig krachen. Andreas Plambeck, Henrik Kretzschmar und André Hunger kamen extra aus Chemnitz angereist, und bewiesen von ihrer zwölf Quadratmeter großen Bühne aus, wie rockbar auch das Mittelalter war. Schmiede, Korbmacher, Schneider und eine Wippdrechslerei brachten das altertümliche Handwerk näher und die freie Ritterschaft Niederrhein präsentierte das Lagerleben mit all seinen Facetten. Für einige Silberlinge ließen sich historische Pflanzen, heilende Elixiere, Rüstungen, Waffen, Schmuck oder wärmende Felle kaufen.

Mitten zwischen all den authentischen Stoff- und Lederzelten ragte ein scheinbar riesiges hölzernes Folterinstrument empor, das sich jedoch schnell als antikes handbetriebenes Riesenrad des 16. Jahrhunderts entpuppte.

(RP)
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