Wesel Mit 67 Jahren ist noch lange nicht Schluss

Wesel · Michael Jilek steht noch beinahe jeden Tag in seiner Büdericher Apotheke, die er vor 40 Jahren übernommen hat.Sorgen bereiten dem Sprecher der Weseler Apotheker ausländische Versandapotheken.

 Michael Jilek (vorne) im Kreis seiner Mitarbeiterinnen. Einige von ihnen sind seit 35 Jahren bei ihm angestellt.

Michael Jilek (vorne) im Kreis seiner Mitarbeiterinnen. Einige von ihnen sind seit 35 Jahren bei ihm angestellt.

Foto: Apotheke

Im vergangenen Jahr stellte Michael Jilek bei einem Klassentreffen überrascht fest, dass er der Einzige ist, der noch arbeitet. Und auch jetzt, mit 67, denkt er noch lange nicht ans Aufhören. "In mir brennt noch immer das Feuer. Und ich mag es, mit den Kunden über ihre Gesundheit zu sprechen. Bei einer Beratung blühe ich richtig auf", sagt der Sprecher der Weseler Apotheker, der vor genau 40 Jahren die mittlerweile über 100 Jahre alte Apotheke-Büderich am Marktplatz des Polderdorfes, die früher Adler-Apotheke hieß, übernommen hat.

Ein runder Jahrestag ist immer auch ein Anlass, einen Blick zurückzuwerfen. Der aus Duisburg stammende Michael Jilek, dessen Eltern ein Reformhaus betrieben, erinnert sich, dass es bei der Übernahme der Apotheke 1977 ein breites Nebensortiment gab. So wurden beispielsweise auch Geschenke und Babynahrung angeboten. Als sich dann knapp zehn Jahre später die Möglichkeit bot, die Räume neben der Apotheke hinzu zu mieten, ergriff Jilek die Gunst der Stunde und eröffnete ein Reformhaus mit Drogerie und Parfümerie. Doch dann stellte sich heraus, dass die Nachfrage nach hochwertigen Nahrungsmitteln - bedingt auch durch eine Vielzahl von Bauernhofläden - geringer war als erwartet. Also wurde neu geplant und die Apotheke dadurch räumlich vergrößert. Die Lebensmittel verschwanden, Parfümerie und Geschenkabteilung blieben.

Als dann Schlecker in den 90er Jahren an der Weseler Straße eröffnete, musste sich Michael Jilek erneut auf das veränderte Konsumentenverhalten einstellen. Das Nebensortiment wurde gestrafft, die Parfümerieabteilung geschlossen. Stattdessen schafften er und sein Team sich ein neues Standbein und eröffneten in Zeiten einer immer älter werdenden Bevölkerung 1992 das Sanitätshaus Büderich. Michael Jilek ist nach wie vor stolz darauf, dies alles ohne Kooperation und ohne Hilfe von außen geschafft zu haben. "Es waren langwierige Verhandlungen mit den Krankenkassen nötig. Und zudem mussten wir uns der Übermacht überregionaler Anbieter stellen". sagt Jilek.

Der Apotheker ist überzeugt, dass er und sein zwölfköpfiges Team auch deshalb dem Konkurrenzkampf standhalten, weil man als "Gesamt-Gesundheitsanbieter vor Ort" ein Ansprechpartner für alles sei. Apropos Team: Nur zu gerne verweist der Apotheker darauf, dass er viele langjährige Mitarbeiterinnen hat, die ihm schon bis zu 35 Jahre die Treue halten. Für ihn ist dasZeichen eines guten Betriebsklimas. Als Belohnung fürs Team gab es zum runden Geburtstag ein bunt gemischtes, verlängertes Wochenende mit allen in Bremen.

Bei der Frage, wie er die Zukunft der Apotheken allgemein einschätzt, wird der ansonsten immer wieder lächelnde Apotheker ernst. Es sind vor allem die ausländischen Internetapotheken, die ihm und seinen Kollegen in Deutschland das Leben schwer machen. Die Folge ist, dass seit dem Höchststand 2008 die Zahl der Apotheken um 1600 gesunken ist, auf jetzt 19.900. Jilek beklagt, dass der Gesetzgeber auf der einen Seite die Apotheker in die Pflicht nimmt, etwa die Versorgung mit Medikamenten sicherzustellen, was letztlich mit vielen Nebenaufgaben verbunden und entsprechend kostenintensiv ist - so wie bei der Herstellung spezieller Medikamente. Für alles ist per Gesetz eine Vergütung festgelegt. "Und auf der anderen Seite heißt es, die ausländischen Versandapotheken brauchen sich nicht an diese Gesetze halten. Wir wollen doch nur eine Gleichbehandlung." Wenn sich die Gesetzeslage nicht ändert, prognostiziert Jilek, dürfte sich die Zahl der Apotheken innerhalb von zehn Jahren halbieren.

Während des Gesprächs schaut Michael Jilek immer wieder auf den Monitor. Der zeigt ihm, welcher Kunde gerade vorne in der Apotheke steht. Dann steht er plötzlich auf, entschuldigt sich. "Ich muss an die Front." Da wäre jemand, dem er noch unbedingt etwas erklären muss. Das Feuer brennt eben noch.

(RP)
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