Weseler Markt im 16. Jahrhundert Museum eröffnet mit 3D-Großpanorama

Wesel · Spektakuläre Animation: Herzstück des neuen Niederrheinmuseums wird eine Darstellung sein, die den Weseler Großen Markt im 16. Jahrhundert zeigt. Viele bekannte Bürger von heute sind darauf in historischen Szenen zu sehen.

Das alte Wesel als Panorama
14 Bilder

Das alte Wesel als Panorama

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Foto: Diessenbacher

Ein kreisrundes, dreidimensionales Großpanorama verleiht künftig im Museum eine Ahnung davon, wie schön der Weseler Markt im 16. Jahrhundert gewesen ist. Der Betrachter steht in der Mitte dieses vier Meter hohen und 12,65 Meter langen Panoramas, sein Blick wandert entlang von Fassaden und historisch belegten Szenen auf den mächtigen Willibrordi-Dom. In spätmittelalterlichen Gewändern sind in dieser Szenerie heutige Weseler Lokalprominente zu sehen: Bürgermeisterin Ulrike Westkamp, der katholische Pfarrer Stefan Sühling, der evangelische Superintendent Thomas Brödenfeld und Ludwig Maritzen von der Hansegilde. Das Großpanorama ist das Herz der Ausstellung "Wesel und die Niederrheinlande", die am 18. März im neuen LVR-Niederrheinmuseum, dem ehemaligen Preußen-Museum, in der Zitadelle eröffnet wird. Gestern haben Museumschef Veit Veltzke und das Weseler Unternehmen Dießenbacher Informationsmedien das Konzept vorgestellt.

Der Betrachter fühlt sich wie in einer Zeitmaschine. Das Museum wählt bewusst diesen populärwissenschaftlichen Ansatz: Es ist eine Botschaft an die Niederrheiner, dass sich das Museum nicht nur an ein Spezialpublikum richten will, sondern die ganze Familie einlädt. Ausgehend von diesem Großpanorama im Eingang wird sich der Besucher das ganze Museum erschließen können. Die auf dem Bild gezeigten Szenen finden sich nämlich an anderer Stelle im Museum wieder. Veltzke: "Es ging uns nicht nur darum, die Kulisse des Marktes zu zeigen, sondern die Szene lebendig werden zu lassen." Zusätzlich zum optischen Eindruck wird der Betrachter Geräusche jener Zeit hören: Glocken, Pferde, Stimmen.

Die Eröffnungsausstellung des Niederrheinmuseums unter dem Dach des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) soll Wesel und die Region zeigen, den Blick auch auf die Niederlande und die wechselseitigen Grenzbeziehungen werfen - Europa ist also ein Narrativ dieser Ausstellung. "Der Begriff der Niederrheinlande ist mittlerweile geläufig", erklärt Veltzke. Wesel habe mit dem Unteren Niederrhein, mit den Niederlanden, Flandern und Brabant in einem engen wechselseitigen Austausch gestanden. "Es gab große Wanderungsbewegungen. Kulturgüter, Ideen, Weltanschauungen wurden ausgetauscht. Diese Entwicklung spiegelt sich im Panorama", sagt Veltzke. So wird Humanist Konrad Heresbach, dargestellt von Ludwig Maritzen, in einer Szene gezeigt, wie er ein Buch in der Hand hält. Man sieht einen aufrecht stehenden Bären, man sieht einen Holzhaufen, auf dem Luther-Texte verbrannt werden, man sieht einen Mönch, der in der Reformationszeit noch geweihte Hostien verteilt. Eine der schönsten Szenen zeigt einen Nikolaus-Brauch: In den späten 1520er Jahren wurde alljährlich ein ärmerer Lateinschüler zum Schülerbischof. Der Stadtrat finanzierte ihm ein kostbares Gewand. Begleitet wurde der kleine Bischof damals von Schülerkaplänen. Vom Rathaus aus warf der Bischof seinen Mitschülern Äpfel herunter, durfte mit seinen Kaplänen dafür ein Jahr bei den Freunden essen.

 Museumschef Veit Veltzke steht inmitten des Großpanoramas, er zeigt auf die Darstellung verbrannter Luther-Schriften. Eine dreidimensionale Anmutung entsteht für den Betrachter, wenn er auf die Kulisse blickt, die größtmögliche Ähnlichkeit mit dem Wesel des 16. Jahrhunderts haben soll.

Museumschef Veit Veltzke steht inmitten des Großpanoramas, er zeigt auf die Darstellung verbrannter Luther-Schriften. Eine dreidimensionale Anmutung entsteht für den Betrachter, wenn er auf die Kulisse blickt, die größtmögliche Ähnlichkeit mit dem Wesel des 16. Jahrhunderts haben soll.

Foto: Malz

Durch die Ausstellung führt als Erzählerfigur eine Person namens Gerit Bayen, Gehilfe der Maler Derick und Jan Baegert, der im Panorama auftaucht, auf die der Besucher immer wieder in der Ausstellung trifft. Dass sich das Museum für Familien öffnen will, wird auch an anderer Stelle deutlich: So wird es den Besuchern an einer Stelle möglich sein, Teil einer Panoramaszenerie zu werden und sich mit dem Handy in dieser Kulisse zu fotografieren.

Die Herstellung des Großpanoramas hat das Unternehmen Dießenbacher Informationsmedien übernommen. Geschäftsführer Frank Dießenbacher hat das Panorama mit Sohn Cornelius und Bruder Claus Dießenbacher, Dozent für Architektur an der Hochschule Anhalt, konzipiert. Ein Jahr dauerten diese Arbeiten. In einem ersten zeitaufwendigen Schritt, ein Dreivierteljahr lang, haben sie recherchiert, wie sich die Architektur im 16. Jahrhundert am Markt darstellte, im Stadtarchiv sogar nach Belegen für Farben gesucht, die die Fassaden damals hatten. So vermittelt das im zweiten Schritt am Computer hergestellte Bild einen Eindruck von der Anordnung der Häuser. Der Platz war mit Kopfsteinpflaster versehen, Gräben durchzogen ihn, weil es damals noch keine Kanalisation gab. In einem dritten Schritt sind mit Hilfe der Hansegilde 50 Weseler Bürger in historischen Kostümen fotografiert und per Computertechnik in die historische Szenerie hereinmontiert worden.

 Gesamtansicht: Inmitten dieses runden Panoramas steht der Betrachter auf einer aufgemalten Karte.

Gesamtansicht: Inmitten dieses runden Panoramas steht der Betrachter auf einer aufgemalten Karte.

Foto: Peters

Beim gestrigen Vorab-Besuch zeigte sich, dass noch eine ganze Menge Arbeit zu leisten ist, ehe das Museum eröffnen kann. Gemälde standen noch verteilt im Raum, Exponate waren noch nicht zu sehen. Gestern wurde auch das Panorama noch provisorisch mit einer Baulampe illuminiert. Zur Eröffnung am 18. März werden eine Großleuchte sowie 15 Punktstrahler über dem Panorama angebracht sein. Mit jenen Punktstrahlern können einzelne Szenen ausgeleuchtet werden, so dass der Museumsführer diese speziell erklären kann.

 Claus Dießenbacher, Architekt, dahinter sein Bruder Frank. Beide haben das Großpanorama erstellt.

Claus Dießenbacher, Architekt, dahinter sein Bruder Frank. Beide haben das Großpanorama erstellt.

Foto: Malz Ekkehart

Der Betrachter steht mitten auf einer aufgemalten historischen Niederrheinkarte. In den Museumsräumen sind dann viele der Exponate zu sehen, die Wesel und den Niederrhein prägten: natürlich der Geusenbecher, historische Schriften, Gemälde und Schmuck. Diese Ausstellung wird ein Publikumsmagnet.

(RP)
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