Konzert Musikalische Woche der Brüderlichkeit

Wesel · Am 13. März veranstalten Musikverein und jüdisch-christlicher Freundeskreis in Wesel einen Benefizabend unter dem Motto "Ernst und Heiter" zugunsten der Telefonseelsorge.

Konzert: Musikalische Woche der Brüderlichkeit
Foto: Markus Weissenfels

Im Rahmen der Woche der Brüderlichkeit, die von Samstag, 5. März, bis Sonntag, 13. März, stattfindet, veranstalten der Jüdisch-christliche Freundeskreis und der Städtische Musikverein einen besonderen musikalischen Abend. Unter dem Thema "Ernst und Heiter" werden Kompositionen jüdischer und christlicher Musiker der vergangenen zwei Jahrhunderte gespielt. Mindestens ein Drittel der Einnahmen sollen zugunsten der Telefonseelsorge Niederrhein/Westmünsterland gespendet werden.

Das Judentum ist in Wesel in der NS-Zeit nahezu komplett vertrieben worden. Deshalb hat es sich der Jüdisch-christliche Freundeskreis Wesel zum Ziel gesetzt, die Erinnerung an die Verbrechen der Nazis aufrechtzuerhalten und sie durch Lesungen, Diskussionen und Kunst in jeglicher Form greifbar zu machen.

Wolfgang Jung ist Vorstandsvorsitzender des Vereins: "Das jüdische Leben ist in Wesel nicht sehr ausgeprägt. Die meisten leben in den großen Städten - die jüdische Gemeinde in Duisburg ist zum Beispiel sehr groß. Trotzdem ist es wichtig, zu erinnern."

Vor dem Zweiten Weltkrieg sah das noch anders aus. Mehr als hundert Familien lebten in Wesel: "Vor dem Krieg gab es hier eine sehr lebendige jüdische Gemeinde. Am Freitag, 5. März, reist Ernest Kolman nach Wesel. Der 90-Jährige ist der letzte noch lebende Weseler jüdischen Glaubens", so Jung. Kolman konnte im Jahr 1938 mit den Kindertransporten nach Großbritannien fliehen. Extra zur Woche der Brüderlichkeit kehrt er in seine alte Heimat zurück, besucht unter anderem die Stolpersteine, ein Kunstprojekt, das an die vertriebenen und ermordeten jüdischen Familien in Wesel erinnern soll.

Die Einnahmen des Benefizkonzertes werden an die Telefonseelsorge Niederrhein/Westmünsterland gespendet. Pfarrer Dirk Meyer ist der Leiter der Seelsorge: "Wir sind eine Art Sorgentelefon, bei dem Menschen egal welchen Alters anrufen und uns ihre Sorgen und Nöte schildern können." Hundert ehrenamtliche Seelsorger sitzen an den Telefonen und widmen sich den Anrufern. Sie wurden vorher ein Jahr lang ausgebildet.

Betreut werden sie von sechs nebenamtlichen Supervisoren. 30.000 Anrufe werden in jedem Jahr verzeichnet. Es ist eine Tätigkeit, die berührt: "Mein bewegendstes Gespräch hatte ich mit einer Frau, die sich umbringen wollte. Sie sagte mir, dass ein Glas Wasser und Tabletten schon vor ihr stehen würden. Es ist mir gelungen, eine Beziehung zu ihr aufzubauen, so dass sie die Pillen wieder in den Medizinschrank legte. Ich sagte ihr, sie solle am nächsten Tag wieder anrufen, dann sei sie wieder eine nette Person." Ob sie nochmals angerufen hat oder sich schließlich doch umgebracht hat, weiß Meyer nicht. Die Anrufe sind völlig anonym.

Die Seelsorge ist rund um die Uhr kostenfrei unter den Rufnummern 0800 1110111 und 0800 -1110222 zu erreichen. göt

(RP)
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