Wesel Otto Pankok - von Drevenack bis China

Wesel · Neue Ausstellung in Haus Esselt: Pankoks deutsche Zeitreise und 40 Bilder aus China-Saga.

 In der Winterausstellung ist unter anderem das Pastorat in Drevenack zu sehen, eine Kohlezeichnung von 1928.

In der Winterausstellung ist unter anderem das Pastorat in Drevenack zu sehen, eine Kohlezeichnung von 1928.

Foto: Ekkehart Malz

Die Schrecken des Ersten Weltkrieges stürzten Otto Pankok in eine tiefe Schaffenskrise. In der Sommerausstellung ging es um die Auslandsreisen des Malers, Grafikers und Bildhauers. Die neue Ausstellung, die am Samstag, 15. November, in Haus Esselt eröffnet, erzählt eine andere Geschichte des physisch wie psychisch Tiefverletzten, der sich von den persönlichen Kriegsfolgen zu befreien suchte. Es ist eine doppelte Erzählung, die den künstlerischen Weg Pankoks an deutschen Standorten in einer klugen Hängung nachskizziert. Im Erdgeschoss geht der Betrachter auf Zeitreise durch Städte und Orte, an denen er einen Neuanfang zu finden hoffte. Sie begann - das ist überraschend und neu - 1926 in Drevenack. Beispiele zeigen unterschiedliche Schaffensperioden. Hier geht es eher ruhig und ländlich-realistisch zu. Wer die Treppe hinaufgeht, landet in einer anderen Welt - in einem illustrierten China-Roman voller Bewegung, Kampfszenen und fernöstlicher Mythologie. Eine Ausstellung der Gegensätze. Waltraud Meyering, die fast 50 Jahre die Archivschätze hütet, hat die Auswahl kenntnisreich begleitet.

Otto Pankok war fasziniert von "Die Räuber vom Liang-Schan-Moor", einem chinesischen Volksbuch aus dem 14. Jahrhundert. Die Erzählung geißelt Unterdrückung, Korruption und Misswirtschaft und schildert in Form eines spannenden Abenteuerromans die Rebellion von Partisanen, die den Reichen nehmen und den Armen geben. Pankok, der berühmte friedensvolle Schöpfer von "Jesus bricht das Gewehr", hat sehr drastische, bildreiche Kampfszenen gezeichnet. Da wird in einer fantastischen Welt voller chinesischer Symbolik gemetzelt, was das Zeug hält. 40 Bilder, die eine Geschichte erzählen und voller Bewegung und Exotik sind, bilden die chronologisch gehängte künstlerische Nacherzählung der chinesischen Saga. "Besonders interessant ist die Verbindung von Pankoks genauen Skizzen, deren Motive sich hinterher in den Holzschnitten wiederfinden", sagt Annette Burger, die künstlerische Leiterin des Pankoks-Museums. Die Entwürfe wurden teils Eins-zu-eins übernommen, dann wieder abgewandelt in die chinesischen Motive eingebaut. Man spürt Pankoks Begeisterung fürs Sujet und sein Temperament.

Doch die Sinnsuche des Kriegstraumatisierten begann ruhiger, abwartender. Nach den Schrecken konnte er künstlerisch nicht weitermachen wie zuvor. Er wandte sich realistischen und ländlichen Darstellungen zu. Die Zeitreise beginnt mit einem noch unentschiedenen Werk von 1919, dann folgt - Drevenack! 1926 bis 1928 suchte er hier heile Motive. Zu sehen ist das Großformat Kirche in Drevenack, noch mit deutlichen expressionistischen Zügen. Zwei Jahre später entsteht das Drevenacker Pastorat gegenständlich, hautnah, im dämonischen Licht. 1932 folgen in Düsseldorf Sinti- und Roma-Motive. Ab Berufsverbot 1936 malt er heimlich, oft statische Motive werden unverfänglich. Nach dem Krieg malt Pankok respektvoll erneut Sinti und Roma, seine Landschaftsbilder werden wieder bewegt mit Wolkenungetümen und Tieren. Es lohnt sich, mit Annette Burger die Bilder abzugehen. Sie kann wunderbar dazu erzählen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort