Wesel Politik staunt über Fall Flemmingstraße

Wesel · Anliegerkosten: Ungleiche Behandlung von Bürgern ärgert die Fraktionschefs. Jürgen Linz (CDU) kritisiert, dass Stadt fahrlässig Geld verschenkt. Ludger Hovest (SPD) greift Kämmerer an. Der schweigt.

Die ungleiche Behandlung von Anwohnern der Flemmingstraße in Sachen Anliegerkosten nach dem Ausbau hat gestern zu zahlreichen Fragen der Politik geführt. Durchweg wird gefordert, die Sachlage zu überprüfen und auf den eklatanten Vertrauensverlust zwischen Bürgern und Verwaltung zu reagieren. Grundsätzlich mahnten Jürgen Linz (CDU) und Friedrich Eifert (FDP) an, dass angesichts der leeren Stadtkasse Anliegergebühren zeitnah eingeholt werden müssten. Ludger Hovest (SPD) fand es "ungerecht", dass Anwohner mal zahlen sollen und mal nicht und warnte die Verwaltung vor "juristischen Spitzfindigkeiten". Scharf griff er Kämmerer Paul-Georg Fritz an, zuständig für Straßenabrechnungen: "Ich bin ziemlich böse darüber, dass der Kämmerer die Politik bis heute nicht informiert hat. Es gibt die Fraktionsvorsitzendenbesprechung, bis heute kam kein Wort zum Fall Flemmingstraße." Bürgermeisterin Ulrike Westkamp müsse nächste Woche dazu eine Sitzung einberufen.

Der angegriffene Fritz schwieg trotz Anfrage. Westkamp selbst äußerte sich gestern nach beharrlicher Nachfrage. "Ich werde für nächsten Dienstag zu einer außerordentlichen Fraktionsvorsitzendenbesprechung einladen, damit der Kämmerer den Sachstand darstellen kann." Sie könne die Reaktion der Anwohner sehr gut verstehen, sagte sie der RP. Was dort passiert sei, "widerspricht auch meinem Gerechtigkeitsempfinden".

Wie berichtet, hat die Stadt bei der Abrechnung nach Umbau der Flemmingstraße die Verjährungsfrist verschlafen. Dagegen klagten einige Anwohner, die nun nicht zahlen müssen. Andere, die nicht klagten und auf Korrektheit des Rathauses vertrauten, werden zur Kasse gebeten. Das geht, weil die Stadt durch Zahlungsverzicht einen Gerichtsentscheid verhindert hatte.

Jürgen Linz betonte: "Die zügige Abwicklung von Anliegerbeiträgen fordern wir seit Jahren, zuletzt massiv im Zusammenhang mit den hohen Kassenkrediten. Es ist zudem ungerecht, Anwohner unterschiedlich zu behandeln." Dass die Stadt die Verjährungsfrist nicht beachtet habe, zeige, dass die desolate Haushaltslage zum Teil hausgemacht sei.

Hovest will, dass ausgefallene An- liegerbeiträge nicht vom Steuerzahler, sondern von der Eigenschadenversicherung der Stadt ausgeglichen werden. Eifert: "Der Rat hat einmütig beschlossen, dass Anliegergebühren zeitnah abgerechnet werden. Die Verwaltung sagte, das gehe oft nicht, weil kleine Restarbeiten zu erledigen seien. Angesichts der Flemmingstraße frage ich, was bei anderen Projekten noch finanziell auf die Stadt und den Steuerzahler zukommt." Auf Anfrage erklärte Grünen-Fraktionssprecherin Marlies Hillefeld, dass sie sich sachkundig machen und den Fall, der ihr so nicht bekannt war, am Montag in der Fraktion beraten werde.

(RP)
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