Niederrhein Puccini und die Atombombe

Niederrhein · Am 4. Februar bringt die Deutsche Oper am Rhein in ihrem Duisburger Haus ihre neue Produktion der Oper "Madama Butterfly" von Giacomo Puccini heraus. Regie führt Joan Anton Rechi.

 Sopranistin Liana Aleksanyan übernimmt die Titelpartie.

Sopranistin Liana Aleksanyan übernimmt die Titelpartie.

Foto: Michel/DOR

Kurz zur Handlung: Die Geisha Cio-Cio-San, genannt Butterfly, wird dem in Nagasaki stationierten amerikanischen Leutnant Pinkerton als Braut offeriert. Dieser ist mit der japanischen Kultur nicht vertraut, die Hochzeit mit Cio-Cio-San ist Mittel zum Zweck, um mit ihr eine gemeinsame Nacht zu verbringen. Konsul Sharpless ahnt dies und warnt Pinkerton, dass die junge Frau sein Eheversprechen ernst nehmen könnte. Als dieser drei Jahre später mit seiner amerikanischen Ehefrau Kate nach Nagasaki kommt, erwartet ihn Butterfly mit einem Kind. Pinkerton weist sie zurück, möchte aber das Kind mit in die westliche Welt nehmen, Cio-Cio-San begreift, dass sie benutzt und entehrt wurde und begeht Selbstmord.

Giacomo Puccinis 1904 uraufgeführtes Meisterwerk hat einen historischen Hintergrund. Es ist überliefert, dass im Haus eines Schotten in Nagasaki eine Geisha mit ihrem unehelichen Sohn gelebt und schließlich Selbstmord begangen haben soll. Dieser Fall wurde dem amerikanischen Schriftsteller John Luther Long 1897 von seiner in Nagasaki lebenden Schwester überliefert. Der Theaterautor David Belasco wandelte Longs Novelle in ein Broadwaystück um, das Puccini auf einem Gastspiel in London sah, wo es ihn zu seiner Oper "Madama Butterfly" inspirierte.

Noch heute ist die Villa des Schotten im Glover Park in Nagasaki zu besichtigen. Unweit davon stehen eine Skulptur, welche die erste japanische Sängerin der Cio-Cio-San, Tamaki Miura, mit ihrem Bühnenkind zeigt, sowie eine Statue Puccinis. Und beim Namen Nagasaki denkt natürlich jeder inzwischen an den Ort des zweiten amerikanischen Atombombenabwurfs am Ende des Zweiten Weltkriegs - es gibt sogar eine Theorie, der zufolge das ursprünglich vorgesehene Ziel aus meteorologischen Gründen nicht angeflogen werden konnte und Nagasaki nur ausgewählt wurde, weil es durch die Oper bekannt war.

Zum vierten Mal inszeniert Joan Anton Rechi jetzt an der Rheinoper. Seine Interpretation will nicht übertrieben traditionell ein Postkarten-Japan zeigen, aber auch nicht übertrieben aktualisierend den Sex-Tourismus.

Der erste Akt spielt hier kurz vor dem Zweiten Weltkrieg, und zwar im amerikanischen Konsulat in Nagasaki, so dass sich die japanischen Figuren besonders verloren vorkommen. Der zweite und dritte Akt spielen nach der Atombombe, wobei es laut Rechi weniger um den Krieg geht, als vielmehr um Cio-Cio-Sans innere Trümmerlandschaft.

In der Titelpartie kurzfristig eingesprungen ist die armenische Sopranistin Liana Aleksanyan vom Aalto-Musiktheater Essen. Es spielen die Duisburger Philharmoniker, es dirigiert der vor gerade einmal 26 Jahren in Usbekistan geborene Rheinopern-Kapellmeister Aziz Shokhakimov, der damit seine erste eigene Produktion präsentiert.

(RP)
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