Wesel Raus aus dem "Tal der Ahnungslosen"

Wesel · Der Ruf nach flächendeckend schnellem Internet wird immer lauter. Rund um Wesel schließen Kommunen Verträge ab. Ländliche Teile der Stadt sollen folgen, sagt die CDU. Die Grünen fragen dabei nach dem Nutzen des Kreiskonzeptes.

Weil sie kein Westfernsehen empfangen konnten, lebten die Menschen in Vorpommern und Ostsachsen bis zur Wende im "Tal der Ahnungslosen". Heute wird diese Formulierung gemeinhin auf jene Gebiete angewandt, in denen es kein schnelles Internet gibt. Im Weseler Stadtgebiet wären das also so schöne Orte wie Büderich, Ginderich, Perrich, Werrich, Bislich, Bergerfurth, Diersfordt. Nicht nur für dortige Gewerbetreibende ist eine lahme Verbindung ein Wettbewerbsnachteil, auch für jeden anderen Nutzer ist es ein Ärgernis. Und das nicht erst seit gestern, doch soll nun mehr Bewegung in die Sache kommen. Die CDU hat bekanntlich beantragt, dass die Verwaltung in der nächsten Sitzung des Wirtschaftsförderungsausschusses über ihre Gespräche mit der Firma Deutsche Glasfaser berichtet.

"Wir sind mit Hochdruck an dem Thema. Vielleicht machen wir auch eine Sondersitzung", sagte Bürgermeisterin Ulrike Westkamp gestern auf Anfrage der RP. Wesel gelte zwar als gut versorgt, aber Deutschland sei insgesamt digital im Rückstand. Im Stadtgebiet wiederum gibt es Lücken, die geschlossen werden müssten. Priorität haben Gewerbegebiete. Teils mit Nachbarkommunen, so Westkamp weiter, sei man in Gespräche mit der Deutschen Glasfaser gegangen, teils setze man aber auch auf die eigenen Stadtwerke.

Von Aktivitäten in der Nachbarschaft verspricht sich auch CDU-Fraktionsvorsitzender Jürgen Linz etwas. Hamminkeln, Schermbeck und Hünxe haben bereits Verträge mit der Deutschen Glasfaser abgeschlossen. Ebenfalls näherrücken könnten deren Kabel bei eventuellen Abschlüssen mit Alpen und Xanten. "Da ist es dann quasi nur noch ein Meter bis nach Büderich oder Ginderich", sagt Linz, der auf die Telekom für die linke Rheinseite nicht mehr baut. Besagter Riese zeige zwar parallel zum Engagement der Deutschen Glasfaser nun ein lang vermisstes Interesse an Verkabelung des ländlichen Raums, doch scheide für ihn der Vorwahlbereich 02803 (Büderich, Ginderich) weiter aus. Dies habe Alpens Bürgermeister Thoma Ahls am Freitag noch in einem Gespräch mit der Telekom extra erfragt. Ein Büdericher wie Linz kommt mit VDSL und 50 MBit pro Sekunde zwar gut klar, "denn das hat nicht jeder", aber eine Zukunft sieht er in der Leistung nicht.

Unterdessen nehmen die Kreisgrünen die aktuellen Entwicklungen zum Anlass, bei Landrat Dr. Ansgar Müller nach dem Nutzen jenes Breitbandkonzeptes zu fragen, das vor Jahren mit viel Aufwand für den gesamten Kreis Wesel entwickelt worden war. Mit 60 Millionen Euro (später auf 44 Millionen reduziert) hatte der Kreis damals in Vorleistung gehen und vermietbare Leerrohre legen wollen.

Wegen des enormen finanziellen Umfangs konnte das Vorhaben vom Kreis selbst nicht umgesetzt werden. Und Beteiligungsvarianten mit Telekommunikationsanbietern verstießen gegen kommunalverfassungsrechtliche Grundlagen und wurden von der Bezirksregierung untersagt. Die dabei im Vorfeld aber aufwendig erhobenen Basisdaten sollten nun wenigstens genutzt werden können, sagt Grünensprecher Hubert Kück und fragt den Landrat auch nach Fördermöglichkeiten des Landes beim Breitbandausbau.

(RP)
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