Schermbeck Schüler erinnern an NS-Verbrechen

Schermbeck · Am gestrigen 9. November wurde deutschlandweit der Reichspogromnacht 1938 gedacht. Auch die Gesamtschule Schermbeck hatte wieder zu einer würdevollen Gedenkstunde eingeladen.

 Vor dem jüdischen Friedhof am Schermbecker Bösenberg versammelten sich am Jahrestag der Reichspogromnacht gestern die Mitgestalter des Gedenktages, der mit mehreren Vorträgen in der Gesamtschulaula begann.

Vor dem jüdischen Friedhof am Schermbecker Bösenberg versammelten sich am Jahrestag der Reichspogromnacht gestern die Mitgestalter des Gedenktages, der mit mehreren Vorträgen in der Gesamtschulaula begann.

Foto: Scheffler

"Das hier ist mehr als ein Gedenken. Das ist eine aktive Auseinandersetzung mit den Ereignissen des Jahres 1938", bescheinigte gestern Michael Rubinstein als Geschäftsführer des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden der Gesamtschule, die seit mehreren Jahren an die Ereignisse im Umfeld der Reichspogromnacht erinnert.

Schüler der beiden Leistungskurse Geschichte der Q2 steuerten in der Aula der Gesamtschule Referate zu Einzelaspekten der Verfolgung jüdischer Bürger Schermbecks bei. Janis Ihnen beschrieb die Entwicklung der jüdischen Gemeinde in Schermbeck. Er berichtete über restriktive Judengesetze von 1713 und 1728, von Diskriminierungen im 18. Jahrhundert. Sein Gang durch die Geschichte endete mit den Ausgrenzungen der jüdischen Bevölkerung im Schermbeck der 1930er Jahre und mit einer kurzen Schilderung der Ereignisse am 9. November 1938, als SA, SS und Hitlerjugend aus Brünen die Wohnungen von Schermbecker Juden zerstörten.

Finn Jungenkrüger schilderte in seinem lehrreichen Vortrag, wie nach der Gründung der NSDAP Wesel am 10. Oktober 1929 Schermbeck eine eigene NSDAP-Ortsgruppe erhielt, welche Auswirkungen der Nationalsozialismus auf das Vereinsleben hatte und wie zusehends jüdische Bürger Schermbecks aus dem Vereinsleben ausgeschlossen wurden.

Mit dem Leben der Schermbecker Jüdin Marga Randall befassten sich Nathalie Baumeister, Till David-Spickermann, Julian Mülders und Lena Beemelmanns. Als Kind erlebte Marga Silbermann in Schermbeck die Pogromnacht. 1939 zog sie mit ihrer Familie nach Berlin. Die Auswanderung in die USA rettete ihr das Leben. Erst 1981 kehrte Marga Randall erstmals nach Schermbeck zurück.

Atemlose Stille herrschte in der Aula, als die Schermbeckerin Marlis Fengels Passagen aus ihrem im Jahre 2004 erschienenen historischen Roman "Die Schönenbecker" vorlas, in dem die Entwicklung Schermbecks in den Jahren 1893 bis 1945 dargestellt wurde. Fengels wählte aus dem neunten Kapitel dieses Buches jene Vorgänge aus, die sich am 9. November 1938 in Schermbeck abspielten, als die Nazis mehrmals über die Adolf-Hitler-Straße (heute Mittelstraße) zogen, um in eskalierender Weise die Wohnungen jüdischer Bewohner zu zerstören. Der letzte Zug durch den Ort endete an der Synagoge zwischen Georgstraße und der heutigen Straße "Hinter der Mauer". Die Synagoge wurde zwar zerstört, ist aber nur deshalb nicht abgebrannt, weil man befürchtete, dass dann die Nachbarhäuser mit abbrennen könnten.

Der gestrige Gedenktag endete mit einem Gang durch den Ort zum jüdischen Friedhof.

(RP)
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