Wesel Sieg für einen ernsten Poetry-Slammer

Wesel · Die zweite Vorrunde im Kabarett-Wettbewerb "Das schwarze Schaf" fand jetzt im vollen Weseler Bühnenhaus statt. Am Ende gab es einen Überraschungsgewinner. Das Finale ist am 5. Mai im Theater am Marientor in Duisburg.

 Artem Zolotarov siegte bei der Vorentscheidung des Niederrheinischen Kabarettspreises "Das schwarze Schaf" im Bühnenhaus Wesel.

Artem Zolotarov siegte bei der Vorentscheidung des Niederrheinischen Kabarettspreises "Das schwarze Schaf" im Bühnenhaus Wesel.

Foto: Arnulf Stoffel

Ein Senegalese, ein Ukrainer, ein Inder, ein Türke, ein Engländer, ein Österreicher, ein Wuppertaler - und alle witzeln mit Wortspielen beim Wettkampf um einen deutschen Kabarettpreis. Bunter geht's nicht von der Herkunft her, und die Mischung bei der Vorrundenschau zum renommierten Titel "Das schwarze Schaf" war bühnenreifer Beleg dafür, wie international das künstlerische Leben im Land ist. Kreative und sprachliche Integration sozusagen - und das in einem Genre, das mit Sprache spielt und oft mit Wortakrobatik Beifall holt.

Am Ende gab es per Publikumsabstimmung einen Sieger, dem die Überraschung ins Gesicht geschrieben stand: Artem Zolotarov, gebürtig aus dem ukrainischen Donezk. Überraschend auch inhaltlich, denn er ist preisgekrönter Poetry-Slammer mit nachdenklichen Texten und nachspürbaren Lebenserkenntnissen aus der Welt eines Flüchtlings, der seinen Lebenssinn in Bühnen- und schriftstellerischen Texten gefunden hat.

Überhaupt, der ernsthafte Hauch zusammen mit der eher ironischen bis witzigen Kabarett-Welt war die zweite bunte Mischung an diesem Abend. Musikkabarett mit schwarzem Humor, Comedy mit reichlich Improvisationsanteil, wortgewaltiges Sprach-Kabarett, österreichisch-trockenes Satire-Granteln und theaterreife Kabarettszenen im Duett - es ging Schlag auf Schlag in jeweils 15-minütigen Auftritten, in denen Artem Zolotarov, Falk, Ibo Profen, Mike & Aydin, Rudi Schöller und Salim Samatou die Herzen des Weseler Publikums erobern wollten.

Knackig und konzentrierte Komposition von zündenden Beiträgen waren angesagt, nicht immer gelang das rund und mit einem komischen Schluss am Ende. Mehrfach hatten die sogenannten Nachwuchskünstler, die oft über reichlich Bühnenerfahrung verfügen, Teile ihrer aktuellen Programme kombiniert. Die kreative Breite war es, was wirklich Spaß machte. Einzige Lücke im Mischungs-System: Eine reine Männergesellschaft will den Kabarettpreis. Artem Zolotarov ist seit 2010 schriftstellerisch tätig, und das merkt man seinen Beiträgen an. Keine knallige Effekthascherei, keine Wortungetüme, sondern treffende Sprache, manchmal geradezu geschliffen. Es geht um "Angst" und Hässlichkeit", um Ankommen in einer anderen als der Muttersprache, um Themen mit eher geringem Satire-Anteil. Das wirkt mit Worten und Präsenz, Zolotarov bannte die Aufmerksamkeit der Zuschauer. Der Sieger veröffentlichte Gedichtbände und eine Poetry-Slam-Textsammlung und führt den schönen Titel eines rheinland-pfälzischen Poetry-Slam-Landesmeisters.

Kabarettist Christoph Brüske moderierte souverän und füllte die Lücken während der Stimmenauszählung gekonnt mit Beiträgen aus seinem Bühnen-Programm. Insgesamt treten zwölf Kabarettisten bei den Vorrunden in vier niederrheinischen Städten auf. Das Bühnenhaus in Wesel ist dabei gesetzter Spielort. Das Publikum entscheidet jeweils darüber, welche fünf Kabarettisten ins Finale einziehen. Neben dem Preisgeld in Höhe von 6000 Euro darf sich der Sieger auch über eine Gewinnertour durch die vier Vorrundenstädte freuen. Das Finale ist am 5. Mai im Theater am Marientor in Duisburg.

(RP)
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