Unsere Woche Sparkasse und Schule - zweimal Sinneswandel

Wesel · Vom verschmähten Zweitligisten zum Wunschkandidaten: neuer Anlauf zur Sparkassen-Fusion mit vertauschten Rollen. Der Ruf nach einer zweiten Gesamtschule sorgt für Unruhe in der Weseler Bildungslandschaft.

So ändern sich die Zeiten: Vor gut 15 Jahren schon hatte sich die Verbands-Spakasse Wesel nach einem Partner umgesehen. Und war nach brüsken Abweisungen, man spiele im Vergleich zu Dinslaken "in der Zweiten Liga", beleidigt auf Tauchstation gegangen. Jetzt sind aus beiden Häusern andere Töne zu hören. Tiefstapelnd und verhalten zwar, aber doch mit Botschaften. Nun kann die "Prüfung strategischer Optionen zur erfolgreichen Gestaltung der Zukunft" zwar zu dem Ergebnis führen, dass die Optionen nicht da sind. Aber der Wille allein ist schon ein Signal, dass ein positives Ergebnis nicht ungern gesehen wird.

Dinslaken backt heute deutlich kleinere Brötchen. Das liegt am jüngsten Verlustjahr und dem Zwang, rund 35 Millionen Euro frisches Geld in das Institut zu lotsen. Die werden nicht allein von Wesel zu bekommen sein. Die Gewährträgerkommunen Dinslaken, Voerde und Hünxe werden sich in irgendeiner Form beteiligen müssen. Und sie werden sich daran gewöhnen müssen, dass sie nicht die Rolle spielen können, die der vermeintliche Erstligist einst glaubte innezuhaben. Immer vorausgesetzt, dass es überhaupt zu einer Fusion der beiden Institute kommt.

Dafür spricht zum einen ein Sinneswandel in Sachen Vertrauen. Dem neuen Vorstand werden heute eine Ehrlichkeit und eine Transparenz attestiert, die die Angst vor einer teuer scheiternden Zweckehe zu nehmen scheinen. Auch sprechen die aktuellen Anforderungen des Marktes für größere Einheiten als bisher.

Der kleine Sparer in Wesel, Haminkeln und Schermbeck staunt trotzdem, hat die Dinslakener Sprüche von einst noch im Kopf und in den letzten Jahren sicher auch mal besorgt die Situation des eigenen Hauses betrachtet. Deshalb muss die Prüfung besagter "Optionen" ausgesprochen sorgfältig und fachmännisch stattfinden. Damit das Geld sicher bleibt und der Service in der Fläche nicht noch weiter ausgedünnt wird.

Den zweiten Sinneswandel dieser Woche lieferte die Weseler SPD in der Schulpolitik. Wurde der Elternwille beim Aus für die Brüner-Tor-Grundschule völlig missachtet, so stellen die Genossen ihn beim Ruf nach einer zweiten Gesamtschule jetzt über alles.

Hintergrund sind die hohen Anmeldezahlen für Lauerhaas, wo 75 Kinder per Los wegen mangelnder Kapazität abgewiesen werden mussten. Nun soll die Hauptschule Martini geopfert werden, die aber gerade das Auffangbecken für diejenigen ist, die in den Klassen 5 bis 8 an anderen Schulen nicht klargekommen sind. Das macht Martini zum Beispiel auch für Kinder aus Nachbarkommen interessant, die keine Hauptschule mehr haben.

Nicht bedacht worden ist zudem, dass eine neue Gesamtschule eine Oberstufe anbieten muss. Das wäre dann nach Konrad-Duden-Gymnasium, Andreas-Vesalius-Gymnasium, Gesamtschule am Lauerhaas, Berufskolleg und Abendgymnasium die sechste Möglichkeit, in Wesel zum Abitur zu kommen. Leidtragender Nummer eins wäre das benachbarte AVG. Die Leiter der weiterführenden Schulen werden sich in der nächsten Schulausschusssitzung wohl mehrheitlich für den Erhalt der Hauptschule aussprechen. Ob die Politik einmal auf Fachleute hören wird?

(RP)
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