Wesel SPD und CDU strafen Kämmerer

Wesel · "Vertrauensverhältnis gestört": Die Fraktionschefs Ludger Hovest und Jürgen Linz wollen Kassenhüter Paul-Georg Fritz entmachten und auch nicht wiederwählen. Hintergrund ist ein Streit ums Bislichbad.

Kämmerer Paul-Georg Fritz ist bei den beiden großen Fraktionen in Ungnade gefallen. Die Vorsitzenden Ludger Hovest (SPD) und Jürgen Linz (CDU) erklärten gestern gemeinsam, dass ihr Vertrauen in den grünen Kassenhüter gestört sei. Und zwar so gestört, dass es Konsequenzen haben soll. Mit einer Satzungsänderung wollen die beiden erreichen, dass Fritz aus den Aufsichtsräten der Stadtwerke und der Bäder GmbH abberufen wird. Seine Plätze sollen seine Dezernenten-Kollegen Klaus Schütz (Stadtwerke) und Daniel Kunstleben (Bäder) einnehmen. Außerdem betrachten Hovest und Linz eine Vereinbarung aus ihrem Koalitionsvertrag, Fritz in zweieinhalb Jahren wiederzuwählen, als hinfällig.

Als Gründe für die Demontage Fritz' führt das politische Spitzenduo mangelnde Informationen, "viele Kleinigkeiten" und drei größere Vorfälle an: das für die Stadt teure Versäumnis, Anliegerkosten für die Gabainstraße fristgerecht abzurechnen, die ebenfalls kostenintensive Nacharbeit in Sachen Haushaltsabschlüsse sowie das Verhalten des Kämmerers beim Thema Bislichbad. Letzteres habe ganz frisch den Anstoß gegeben, erklärten Hovest und Linz. Im Detail geht es darum, ob für ein Bürgerbegehren zum Erhalt des Bades die Frist verstrichen ist.

Während die Politik meint, dies sei der Fall, weil der Ratsbeschluss (Träger fürs Bad finden, sonst schließen) im Mai fiel und die drei Monate längst vergangen sind, hat Fritz eine andere Rechtsauffassung. Laut Hovest und Linz schreibt Fritz dem Beschluss lediglich empfehlenden Charakter zu. Karl-Heinz Labeda (DLRG) hab er schriftlich eröffnet, dass keine gegolten habe, ein Bürgerbegehren also noch möglich sei. Darüber habe man, so Hovest und Linz, miteinander gesprochen. Und Fritz habe dabei erklärt, dass er sich auch mit der Rechtauffassung der Politiker anfreunden könne. Aber Fritz habe sich nach dem Gespräch mit Hovest und Linz an diese mit dem Vorwurf gewandt, sie hätten ihn nötigen wollen.

Dies wiederum empfanden die Polit-Spitzen als zuviel des Guten, stimmten sich in ihren Fraktionen ab und legten gestern die Rechnung auf den Tisch. Untermauert sehen sie sich im Fall Frist von Auskünften der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU und der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik. Linz legte im Übrigen Wert auf die Feststellung, dass Gespräche mit Vereinen als möglichen Kandidaten für eine Trägerschaft weitergehen, Hilfe angeboten wird und man durchaus Zeit habe, wenn sich eine Lösung für den Erhalt des Bades abzeichnet.

Paul-Georg Fritz war gestern nicht unvorbereitet, erfuhr aber erst von der RP detailliert, was die Koalitionäre mit ihm nun vorhaben. Er sei in seiner Rechtsauffassung sehr geradlinig gewesen und habe diese auch nicht vertuscht, sagte der Kämmerer. Zum besagten Gespräch mit Linz und Hovest, erklärte Fritz, dass er sich darin nicht so festgelegt habe. Unterm Strich sei er zu der Erkenntnis gekommen, dass er sich nicht verbiegen lassen wolle und dass er das so dann auch mitgeteilt habe. Verwaltungsintern sei überdies das Schreiben an die Vereine längere Zeit diskutiert worden. Und auch er habe sich mit anderen Juristen über die Frage nach einer Frist für Bürgerbegehren beraten.

Ulrich Gorris, Fraktionssprecher der Grünen, merkte dazu gestern an, woran die Bürger denn im Mai hätten erkennen sollen, dass Gefahr für das Bislichbad in Verzug und flott ein Bürgergebegehren nötig ist.

(RP)
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