Schermbeck Spurensuche in Majdanek

Schermbeck · Das Schicksal der Opfer und Täterprofile: Schermbecker Gesamtschüler recherchierten in der Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers und sprachen mit einer polnischen Zeitzeugin.

Die Gefangenen im ehemaligen Konzentrationslager Majdanek bekamen ungekochte Suppe aus verfaulten Kartoffeln zu essen; es war verboten, gegen die Kälte Papier unter die Kleidung zu stecken; zur Strafe wurde geschlagen, getreten und geprügelt; viele Menschen erkrankten an Fleckfieber, Tuberkulose und Malaria; als „Todesengel“ des Lagers wurde Emil Laurich bezeichnet, der nach dem Krieg als Seifenhändler umher reiste, eine Drogerie eröffnete und erst 1979 verhaftet wurde.

Dies sind Ergebnisse einer einwöchigen Fahrt von elf Schermbecker Gesamtschülern zum ehemaligen Konzentrationslager Majdanek. Es liegt bei Lublin. In der polnischen Stadt waren die Jugendlichen der Stufe elf und Lehrer Ulrich Hülsmann privat untergebracht. Sie wurden unvoreingenommen und gastfreundlich aufgenommen.

Freiheit im Austausch gegen Lkw

Zweieinhalb Tage arbeiteten die Schermbecker mit Schülern des Lubliner Lyzeums Marie Curie im Archiv der Gedenkstätte, die in dem ehemaligen Vernichtungslager der Nationalsozialisten eingerichtet wurde. Die Jugendlichen befassten sich mit dem Schicksal von Kindern in den Konzentrationslagern, untersuchten die Lebensbedingungen im KZ und erstellten Täterprofile. Die Themen hatten sie aus einer Vorschlagsliste ausgewählt.

Es sei bedrückend gewesen, von den Einzelschicksalen zu lesen, berichteten die Schüler gestern. Die Gräueltaten der Nazis hätten ein Gesicht bekommen. Vor allem durch die Begegnung mit Ewa Kozlowska. Die 82-Jährige überlebte die Lager Majdanek und Ravensbrück. Sie war als 16-Jährige verraten worden, als sie für Widerstandskämpfer einen Brief nach Warschau schmuggeln wollte. Ewa gehörte zu den wenigen Menschen, die Glück hatten und im Austausch gegen 10 000 schwedische Lastwagen frei kamen. „Seit ich in dieses Stück Geschichte näher eingetaucht bin, begegne ich schnellen Urteilen über Ausländer sehr viel kritischer“, sagt Schülerin Linde Rosen.

Die jungen Leute haben die Ergebnisse ihrer Recherchen auf Plakatwände geschrieben und im Foyer der Schule ausgestellt. „Das ist Material für den Geschichtsunterricht“, sagt Lehrer Hülsmann.

Er leitete die Reise mit Maryla Skublewska vom Curie-Lyzeum. Zum Rahmenprogramm gehörten eine Besichtigung der Altstadt von Lublin, sportliche Aktivitäten und die Teilnahme am Deutsch-Unterricht der polnischen Schüler. In einem Dorf an der Weichsel erfuhren die Besucher, dass die Grundstücke dort wegen der idyllischen Lage teurer sind als in Warschau.

(RP)
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