Kreis Wesel Starke Kürzungen im Busverkehr geplant

Kreis Wesel · Der Kreis Wesel will das Angebot an Buslinien weiter einschränken. Die Kreispolitik muss darüber abstimmen. Der Fahrgastverband Pro Bahn sieht die Pläne kritisch und fordert echten Wettbewerb - ohne Bevorzugung der NIAG.

Kreis Wesel: Starke Kürzungen im Busverkehr geplant
Foto: Endermann Andreas

Den Städten Wesel, Hamminkeln und Schermbeck drohen massive Kürzungen beim Angebot des öffentlichen Personennahverkehrs. Im neuen Nahverkehrsplan werden die Angebote auf den fünf Buslinien (82, 83, 85, 86 und 96) deutlich zurückgefahren. Auf die neuen Pläne des Kreises Wesel hat Lothar Ebbers von Pro Bahn gestern aufmerksam gemacht. "Der Stadtverkehr Wesel wird kaputtgespart", kritisiert er und bezeichnet die Buspolitik des Kreises wörtlich als "gescheitert".

Im Auftrag des Kreises hat das Büro Rödel & Pachan aus Kamp-Lintfort den Nahverkehrsplan entworfen. Im Gutachten werden die Kürzungen mit sinkender Nachfrage begründet. Die Verabschiedung steht unmittelbar bevor. Die beteiligten Kommunen hatten bis zum 9. Juni ihre Positionierung zu den Plänen abzugeben. Am 27. Juni tagt der Verkehrsausschuss des Kreises, am 6. Juli steht der Nahverkehrsplan schon im Kreisausschuss auf der Tagesordnung. Noch im Sommer soll der Plan verabschiedet werden.

Lothar Ebbers macht dem Kreis, insbesondere Landrat Ansgar Müller (SPD), den Vorwurf, sich von der Niederrheinische Verkehrsbetriebe AG (NIAG) zu sehr diktieren zu lassen, welches Angebot vorgehalten werden muss. "Der Kreis müsste hier selbst die Vorgaben machen", sagt Ebbers.

Der neue Nahverkehrsplan sieht weitere Einschnitte insbesondere bei den Stadtlinien in Wesel vor. Pro Bahn kritisiert, dass abends statt der bisher stündlichen Fahrten auf allen Linien nur noch ein bis zwei Fahrtenpaare nach 20 Uhr angeboten werden sollen. Im Samstagsverkehr sei eine Halbierung des Takts auf allen Linien vorgesehen, Lackhausen solle gar nicht mehr angefahren werden, kritisiert Ebbers. Die Linie 96 soll statt nach Hamminklen nur noch bis Blumenkamp verkehren. Im Sonntagsverkehr werde das Angebot "bis zur Unkenntlichkeit" reduziert, sagt der Pro-Bahn-Sprecher. Es solle nur noch eine kombinierte Linie 85/86 teils stündlich, teils zweistündlich verkehren. "Offenbar werden Stadtteile wie Schepersfeld, Fusternberg oder Lackhausen gar nicht mehr angefahren." Sonntags fahren, so Ebbers, rechtsrheinisch die Linien 64 nach Bocholt über Feldmark und Blumenkamp und die SB 21 nach Schermbeck über die Schermbecker Landstraße gerade mal mit drei Fahrtenpaaren.

Ebbers sieht die Gefahr von Kundenverlusten im ÖPNV: "Alle Erfahrungen aus anderen Städten zeigen, dass kaputtgesparte Abend- und Wochenendverkehre zu weiteren Fahrgastabwanderungen auch im Tagesverkehr führen." Der Nahverkehrsplan eröffne dem Kreis für diesen Fall die Möglichkeit, das Angebot jederzeit weiter zu reduzieren.

Das Busangebot werde in Wesel so wenig genutzt, weil die Taktung so schlecht ist, kritisiert Ebbers. Nur 1,8 Prozent aller in Wesel zurückgelegten Wege legten die Anwohner mit dem Bus zurück.

Ebbers fordert einen echten Wettbewerb mit Ausschreibungen statt alleinige Beauftragung der NIAG und des RVN. Dies mache der Kreis Wesel mit Rücksicht darauf, dass er zu 43 Prozent öffentlicher Anteilseigner der NIAG ist, kritisiert Ebbers. "Der Kreis setzt einzig auf eigenwirtschaftliche Verkehre ohne Zuschüsse und nutzt gleichzeitig die Möglichkeiten des Wettbewerbs praktisch nicht. Im Gegensatz zum letzten NVP aus dem Jahre 2012 sollen drei Linienbündel ganz nach den Wünschen der bisherigen Konzessionsinhaber NIAG und RVN gebildet werden. Die Bündel sind so groß, dass kaum mit Angeboten anderer Unternehmen zu rechnen ist."

Die NIAG selbst wollte die Kritik von Ebbers gestern nicht kommentieren. Man warte auf die politischen Beschlüsse, teilte auf Anfrage Andreas Meusges von der NIAG mit. Jede Kommune habe die Möglichkeit, mit einer Stellungnahme Forderungen zu stellen. Auch beim Landrat Müller fragte unsere Redaktion an - dessen Stellungnahme steht noch aus.

Lothar Ebbers verweist darauf, dass es bereits in den vergangenen Jahren im Raum Wesel deutliche Einschnitte gegeben hat. So habe die NIAG 2015 auf der Linie 82 (Innenstadt - Schepersfeld - Wittenberg) das Werktagsangebot um rund ein Drittel gekürzt. Auf der Linie 81 (Wesel - Spellen) sei der Halbstundentakt mittags und nachmittags auf Stundentakt reduziert und das Wochenendangebot zusammengestrichen worden. Auch der Regionalverkehr Niederrhein (RVN) habe zum Rotstift gegriffen, sagt Ebbers mit Verweis auf die Linien 72 (Wesel - Raesfeld) und 80 (Wesel - Bucholtwelmen). Dort sei der Samstagsverkehr ersatzlos entfallen.

(RP)
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