Niederrhein Tiere in der Kunst - tot oder lebendig

Niederrhein · Die Moyländer Tagung "Tiere als Akteure und Material in der zeitgenössischen Kunst" beleuchtet erstmals aus interdisziplinärem Blickwinkel die Bedeutung und die Rolle des Tiers in der Kunst seit Ende der 1960er Jahre.

 Bettina Paust entdeckte das aktuelle Thema für das Museum Schloss Moyland und spricht unter anderem zu Beuys'-Coyoten-Performance.

Bettina Paust entdeckte das aktuelle Thema für das Museum Schloss Moyland und spricht unter anderem zu Beuys'-Coyoten-Performance.

Foto: Stade/Evers/Archiv (Evers)

Wenn die neunziger Jahre ein ikonisches Kunstwerk haben, so ist es der in Formaldehyd eingelegte große Hai von Damien Hirst, guckt man in die 1970er Jahre, kommt man nicht an Beuys' Coyoten und schon gar nicht an seinem toten Hasen vorbei. Und in der jüngsten Documenta in Kassel machte ein weißer Podenco mit magenta-farbener Pfote Furore. Den spanischen Jagdhund hatte der französische Künstler Pierre Huyghe in die Auen der Stadt gesetzt. Bei der großen Performance-Künstlerin Marina Abramovic war's 1978 ein weißes Pferd, das sie und ihren Partner Ulay in der Manege trennte und zusammenführte. Und 2006 reagierte der Künstler Rolf Giegold auf Beuys' toten Hasen mit der Installation: "Wie sich dem lebenden Hasen der tote Beuys erklärt".

 "Der Unbesiegbare" heißt das von Ute Klophaus fotografierte Multiple, das derzeit in Moyland bei Kunst.Bewegt zu sehen ist und Grünen-Plakat war.

"Der Unbesiegbare" heißt das von Ute Klophaus fotografierte Multiple, das derzeit in Moyland bei Kunst.Bewegt zu sehen ist und Grünen-Plakat war.

Foto: Stade Klaus-Dieter

"Das ambivalente Verhältnis zwischen Mensch und Tier durchzieht die Menschheitsgeschichte und ist gegenwärtig angesichts der zunehmenden Ökonomisierung von Natur von nie da gewesener Aktualität und Brisanz", sagt Dr. Bettina Paust. Die Direktorin von Museum Schloss Moyland arbeitet zur Zeit mit ihrer Assistentin Laura-Mareen Janssen an einem Symposium, in dessen Mittelpunkt das Tier steht. Als Kunst. Tot oder lebendig. "Seit Jahrtausenden ist das Tier als Motiv und Bedeutungsträger eine vielschichtige Projektionsfläche für den Menschen", erklärt sie. Das fängt bei den Höhlenmalereien an, führt zu den barocken Menagerien, als exotisch-fremdartige Tiere vorgeführt wurden, und reicht bis in die Gegenwart, bis in die Moderne Kunst zu Hirst, Beuys oder eben Huyghe.

 Joseph Beuys arbeitete mit lebendem Coyoten und totem Hasen.

Joseph Beuys arbeitete mit lebendem Coyoten und totem Hasen.

Foto: Evers Gottfried

Die Moyländer Tagung "Tiere als Akteure und Material in der zeitgenössischen Kunst" beleuchtet erstmals aus interdisziplinärem Blickwinkel die Bedeutung und die Rolle des Tiers in der Kunst seit Ende der 1960er Jahre. Das Symposium bereitet gleichzeitig die entsprechende Ausstellung im kommenden Jahr (2018) vor. Die Ergebnisse der Vorträge und Diskussionen sollen in den Katalog für diese Ausstellung einfließen. Das Symposium startet am Freitag, 12. Mai, Beginn 14 Uhr, und endet am Sonntag, 14. Mai, gegen Mittag mit dem Schlusswort der künstlerischen Direktorin Dr. Bettina Paust. Moderieren wird das Ganze WDR-Redakteur Ludger Kazmierczak. Das Symposium, für das namhafte Experten gewonnen werden konnten, ist für alle offen. Die Teilnahmegebühr beträgt für drei Tage 40 Euro. Einen großen Teil der Kosten übernimmt die Fritz Thyssen Stiftung, die die Moyländer Fachtagung fördert.

In diesen drei Tagen soll ein Diskurs geführt werden, der neben einer kunstwissenschaftlichen Untersuchung umso mehr auch ethische, rechtliche und biologische Blicke auf den Umgang mit Tieren in der Kunstwelt werfen soll. Nicht zuletzt auch - und das betrifft Moyland im kommenden Jahr direkt, wenn es eine solche bedeutende Ausstellung organisiert: Welche Herausforderung kommt auf die Ausstellungshäuser zu, wenn sie mit Tieren umgehen sollten, wie Huyghens Hund? Oder wenn sie solche Werke angekauft haben, wie Hirsts Hai, der sich aufzulösen beginnt?

Die Tagung sollte nicht nur Kunstliebhaber ziehen: So hat Prof. Dr. Volker Sommer zugesagt, der als international anerkannter Primatologe das Verhalten wilder Primaten ebenso beobachtet wie das Verhältnis von Affe zu Mensch. Dr. Jessica Ullrich ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen-Nürnberg mit dem Schwerpunkt Tiere in den Künsten. Der Schweizer Rechtsanwalt Dr. Antoine Goetschel ist seit 1984 auf Fragen der Mensch-Tier-Beziehung im Recht spezialisiert. Zum Auftakt führen Bettina Paust und Laura-Maureen Janssen durch Museum und Park, Paust wird zu "Beuys und der Coyote: Wie das lebende Tier in die Kunst kam" sprechen. Spannend auch Marcel Sebastians Vortrag "Jemand oder etwas? - Soziologische Analysen zur Ambivalenz der Mensch-Tier-Beziehung" und nicht zuletzt Dr. Judith Benz-Schwarzburg: "Vom Lebewesen zum Anschauungsobjekt: Ethisch relevante Facetten der Nutzung und Verwertung von Tieren".

(RP)
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