Wesel Tod der Jungkrähen: War es ein Virus?

Wesel · Peter Malzbender (Naturschutzbund) glaubt, dass Krähennachwuchs zu schwach war. Der Umsiedlungsaktion gibt er aber gute Noten.

 Im Kreis Wesel sind in diesem Jahr viele Krähenpaare ohne Nachwuchs geblieben.

Im Kreis Wesel sind in diesem Jahr viele Krähenpaare ohne Nachwuchs geblieben.

Foto: Ekkehart Malz

Als die Krähen vor zwei Monaten mal wieder in die Schlagzeilen und Leserbriefspalten gerieten, da waren es nicht ihr Lärm und ihr Kot, der die Gemüter erregte. Es war die Ruhe. Berichte vom rätselhaften Tod der Jungkrähen, Gerüchte über Vergiftungen und Schuldzuweisungen machten die Runde. So richtig schlau geworden sind die Experten seitdem nicht. Konnten sie auch gar nicht, denn erst im kommenden Jahr werden Zählungen Aufschluss geben können, ob und wie sich der Bestand verändert hat.

Dennoch fragt man sich, wo die Krähen geblieben sind. Die Horste sind verwaist, denn die Zeit fürs Brutgeschäft der geschützten Tiere ist vorbei. Ganz natürlich befinden sich die Altvögel nun irgendwo in der Landschaft. Junge sind auch dabei, denn die Grabesstille setzte im Kreis Wesel nicht flächendeckend ein, weiß Peter Malzbender, Vorsitzender der Kreisgruppe Wesel des Naturschutzbundes (Nabu). Er glaubt an einen Virus.

Die lange Regenperiode mit Kühle könnte die Ursache für den Misserfolg in der Aufzucht bei etlichen Populationen gewesen sein. Laut Malzbender spricht viel dafür, dass die jungen Krähen bei niedrigen Temperaturen noch nicht stabil genug waren, als sie die meiste Energie ins Wachstum stecken mussten. Altvögel merken, dass sich im Nest nichts mehr tut, stellen die Fütterung ein und verlassen die Gegend. So war es am Umsiedlungsplatz in Büderich und auch bei einer großen, mehrere Hundert Krähen starken Kolonie rund um den Fürstenberg bei Xanten-Birten. In der Feldmark sind nahe der Holzwegschule indes die Jungen von gut 50 Paaren alle groß geworden, sagt Malzbender.

Was Büderich angeht, wo ebenfalls unterschiedliche Bruterfolge zu beobachten waren, konzentriert sich das Interesse auf das Gelingen der aufwendigen Umsiedlungsaktion vom Marktplatz Richtung Fort Blücher. Dort kamen zwar keine Jungen durch, aber es waren gut doppelt so viele Paare emsig, wie Horste installiert worden waren. Das heißt für Malzbender, dass der Standort gut gewählt war und es im nächsten Jahr dort wieder weitergeht. "Das war professionell vorbereitet und hat funktioniert." Überdies ist er sicher, dass die Natur einen Ausfall in diesem Jahr verkraften kann.

Wie es den großen Platanen auf dem Büdericher Marktplatz ergehen wird, ist unklar. Bekanntlich soll zu Beginn des Horstbaus sofort mit Vergrämungsaktionen geantwortet werden. Wiederholter radikaler Rückschnitt tue aber alten Bäumen nicht gut, meint der Nabu-Chef. Das könnten wohl die Platanen an der alten B 58-Ortsdurchfahrt verkraften, die seit jeher fachgerecht wie ein Kopfbaum geschneitelt werden.

Bei hohen Platanen wie am Markt sei das aber nicht so. "Die gehen kaputt, wenn sie jedes Jahr so geschnitten werden", sagt Malzbender. Er denkt, dass andere Methoden angewandt werden müssen. Zum Beispiel Vergrämung per Krähenklatsche. Dabei wird mit gegeneinandergeschlagenen Holzbrettern Krach gemacht, der Krähen zum Umzug bewegen soll (RP berichtete mehrfach). Das ist in Deutschland schon an mehreren Stellen erfolgreich praktiziert worden und steht nicht im Widerspruch zu Naturschutzgesetzen.

(RP)
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