Wesel Toter Bussard: Verdacht auf Vogelgrippe

Wesel · In Xanten-Obermörmter ist nach dem Fund des Vogels vorsorglich ein Sperrbezirk eingerichtet worden.

 Dennis Kinat hütet derzeit in den Hallen des RGZV Sonsbeck die Gänse.

Dennis Kinat hütet derzeit in den Hallen des RGZV Sonsbeck die Gänse.

Foto: Armin Fischer

Bei einem Bussard, der am Montag in Rheinnähe fast genau auf der Grenze zwischen den Kreisen Wesel und Kleve auf der Reeser Schanz in Xanten-Obermörmter verendet aufgefunden worden war, haben Veterinäre eine sogenannte Influenza-A-Virus-Infektion vom Typ H 5 festgestellt. Ob es sich um eine gefährliche Variante wie H5N8 (Vogelgrippe) handelt, sei noch nicht bekannt, erklärte gestern Kreispressesprecherin Anja Schulte. Das Probenmaterial wird in einem Fachinstitut untersucht. Laut Schulte wird mit dem endgültigen Ergebnis heute Nachmittag gerechnet.

Der aktuelle Befund sei vorläufig und, so Schulte, nicht ungewöhnlich. Angesichts der allgemeinen Gefährdungslage hätten sich das Landesumweltministerium, das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz sowie die zwei Kreise aber darauf verständigt, einen Verdachtssperrbezirk und ein Beobachtungsgebiet um die Fundstelle einzurichten. Der Sperrbezirk umfasst ein Gebiet bis mindestens einen Kilometer Entfernung vom Fundort, das Beobachtungsgebiet reicht bis mindestens drei Kilometer Entfernung. Das betroffene Schutzgebiet betrifft damit überwiegend den Kreis Kleve. Allein im Xantener Teil des Beobachtungsgebietes sind acht Kleinhaltungen bekannt. Die wesentlichen Schutzmaßnahmen bestehen jetzt in regelmäßigen tierärztlichen klinischen Untersuchungen, Zutrittsbeschränkungen und verstärkten Hygienemaßnahmen, erläutert die Pressesprecherin des Kreises Wesel. Der Bereich liegt ohnehin im Wildvogelrastgebiet des Unteren Niederrheins, in dem seit Montag allgemein eine Aufstallpflicht gilt. Im Sperrbezirk sind Federwildjagden genehmigungspflichtig, Hunde und Katzen dürfen nicht frei laufen.

Derweil herrscht jetzt schon auf den Wiesen an der Bundesstraße B 57 im Alpener Ortsteil Menzelen seltsame Ruhe. Ein völlig ungewohntes Bild: kein Wasservogel weit und breit. Hinter dem Anwesen von Dieter und Maria Stiers grasen gewöhnlich 100 bis 200 Gänse sowie Dutzende von Enten. Das ganze Jahr über. Landwirt und Metzger Stiers hat seine Maschinenhalle leergeräumt und die Tiere umgesiedelt. Eine Folge der verordneten Einstallpflicht.

Dieter Stiers hat deshalb auch schon die Zufahrt zu seinem Gehöft mit Flatterband gesichert. Gäste, die das Virus zum Beispiel mit ihren Schuhen einschleppen könnten, sind im hinteren Teil des Hofs derzeit nicht gerngesehen. Dort sind die Vögel untergebracht. Während die derzeit 80 Enten den Umzug gelassen hinnehmen, rühren die aktuell 150 Gänse ihr Zubrot aus Weizen und Mais mindestens drei Tage lang nach so einem Revierwechsel kaum an, weiß Stiers aus der Erfahrung. Bereits im März 2014 war wegen der Vogelgrippe eine Einstallungspflicht im Rheinvorland verhängt worden. Jetzt, im Vorweihnachtsgeschäft, trifft es den Gänsevater gleich mehrfach. Einstallen, das heißt neben häufigem Strohwechsel und damit einem Haufen mehr an Arbeit für die Menschen eben auch einen geringeren Gewichtszuwachs bei den Gänsen. Stiers rechnet beim Verkauf gegenüber fetten Jahren mit einem Verlust von acht bis zehn Euro je Tier. Auch die Daunen hätten möglicherweise nicht die gewohnte Qualität. Und Stiers ist beileibe nicht der einzige Landwirt am Niederrhein, der "verstärke Krankheitskontrollen bei den Wildgänsen" fordert. Der zunehmende Wildgänse-Bestand müsse ohnehin vor allem in den Sommermonaten ausgedünnt werden: "Die Tiere fressen mehr und mehr die Felder kahl."

Geschossen wird in NRW auf Wildgänse in Rheinnähe aber nicht. Das ist verboten. "Im Rahmen von Monitoringuntersuchungen sendet der Kreis Wesel allerdings routinemäßig und momentan verstärkt geeignete Proben von Wild- und Hausgeflügel zur Untersuchung auf Influenzainfektionen ein", sagt Anja Schulte. Geeignet seien "vor allem verendet aufgefundene Wildvögel, die typischerweise an Gewässern leben, sowie Greifvögel."

Sollte sich heute der Verdacht auf die Variante H5N8-Vogelgrippe bestätigen, zieht sich die Schlinge zu, werden die Schutzgebiete auf mindestens zehn Kilometer um den Fundort ausgeweitet. Dann ist auch die rechtsrheinische Reeser Rheinseite betroffen. Schulte: "Die Veterinärämter bereiten sich bereits vorsorglich auf diesen Fall vor."

Der Rassegeflügel-Zuchtverein Sonsbeck hat schon seine Konsequenzen gezogen. Der 120 Mitglieder starke RGZV sagte seine für den 10. Dezember geplante Niederrhein-Ausstellung mit über 400 Tieren wegen der Vogelgrippe ab. RGZV-Hühner, Truthühner, Wachteln und Co. werden nicht mehr aus ihren Holzställen gelassen. Platz hätten die zusätzlichen Tiere ohnehin nicht gehabt: Der 2. Vorsitzende Dennis Kinat hütet in den Ausstellungshallen jetzt Gänse und Enten.

(RP)
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