Himmel Und Erde Unser Sonntag ist uns heilig

Wesel · Dürfen Kirchen zu Demonstrationen aufrufen? So, wie es zum Beispiel Gewerkschaften tun, wenn sie für mehr Lohn oder bessere Arbeitsbedingungen ihre Mitglieder mobilisieren und auf die Straße bringen. Oder sollten sich die Kirchen eher auf ihre Kernaufgaben wie Gottesdienste, Seelsorge und Diakonie und Caritas konzentrieren? Eine spannende Frage, die immer wieder dann kontrovers diskutiert wird, wenn sich die Kirchen zu einem aktuellen politischen Thema in der Öffentlichkeit äußern.

Himmel Und Erde: Unser Sonntag ist uns heilig
Foto: Malz Ekkehart

Am gestrigen Donnerstag hat die "Allianz für den freien Sonntag" vor dem nordrhein-westfälischen Landtag in Düsseldorf gegen die geplante weitere Aushöhlung des im Grundgesetz besonders verankerten Sonntagsschutz protestiert. Der Vizepräses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Christoph Pistorius, hat dabei nicht nur für die eigene Landeskirche, sondern auch für die Evangelische Kirche von Westfalen und die Lippische Landeskirche zu den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Kundgebung gesprochen.

Anlass der gestrigen Demonstration vor dem Landesparlament ist die Absicht der nordrhein-westfälischen Landesregierung, im sogenannten Entfesselungspaket I die Zahl der jährlichen verkaufsoffenen Sonntage von bisher vier auf acht zu verdoppeln. Kirchen und Gewerkschaften wehren sich auch gegen die in dem "Paket" angestrebte regelmäßige Ladenöffnungszeit an Samstagen bis Mitternacht als Teil einer Politik, die den Sonntag als Tag der Atempause, der seelischen Erbauung und der gemeinsamen Zeit in Familien und unter Freunden vermeintlich wirtschaftlichen Notwendigkeiten opfert.

Der Sonntag, so die "Allianz für den freien Sonntag", trage dazu bei, dass Menschen Zeit für sich selbst und für andere haben - geschenkte Zeit, die nicht unter dem Druck des Ökonomischen steht.

Eine entsprechende Erklärung wurde während der Kundgebung an Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsminister Prof. Andreas Pinkwart übergeben. Die "Allianz für den freien Sonntag" ist ein breites Bündnis aus Kirchen und Arbeitnehmervertretungen, das sich für einen besseren Schutz der arbeitsfreien Sonn- und Feiertage einsetzt. Im Einsatz gegen die Pläne der schwarz-gelben Landesregierung hat die Evangelische Kirche im Rheinland unter anderem die Mitmachaktion #unserSonntag ist uns #heilig in den Sozialen Medien gestartet.

Dürfen Kirchen nun zu Demonstrationen aufrufen? Sie müssen es sogar tun, wenn es um Kernanliegen der christlichen Botschaft geht! Gedenke des Sabbattages, dass du ihn heiligst (2. Mose 20,8), heißt es in den zehn Geboten. "Nicht die Arbeit erhält den Menschen, sondern allein Gott; nicht von der Arbeit lebt der Mensch, sondern allein von Gott", so hat Dietrich Bonhoeffer dazu einmal gesagt.

In diesem Sinne war die gestrige Demonstration in Düsseldorf ein wichtiges christliches Signal.

Thomas Brödenfeld

(RP)
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