Niederrhein Niederrhein-Geflügel muss in den Stall

Niederrhein · Um eine Ansteckung der Tiere mit dem Vogelgrippe-Virus zu verringern, dürfen in "Risikogebieten" Hühner, Puten, Gänse und sonstiges Geflügel nicht mehr freilaufen. Für Halter bedeutet das mehr Arbeit, für die Vögel mehr Stress.

 Den Auslauf unter freiem Himmel dürfen die Legehennen des Kranenburger Bioland-Hofes Richtersgut erstmal nicht mehr genießen.

Den Auslauf unter freiem Himmel dürfen die Legehennen des Kranenburger Bioland-Hofes Richtersgut erstmal nicht mehr genießen.

Foto: Gottfried Evers

Auf dem Demeter-Biohof der Familie Büsch in Weeze, auf dem knapp 900 Legehennen mit mobilen Ställen in Freilandhaltung leben, herrschte gestern Vormittag große Nervosität. Nach den Nachrichten des Vortages aus dem Landwirtschaftsministerium in Düsseldorf war nahezu klar, dass zumindest in Teilen von NRW eine Stallpflicht für die Tiere verhängt würde, um damit das Risiko der Ansteckung mit den Vogelgrippe-Virus H5N8 zu verringern. Den ganzen Vormittag verfolgte Familie Büsch alle ihr zur Verfügung stehenden Nachrichtenquellen, um zu erfahren, welche Regionen von der Regelung betroffen seien. "Wenn wir betroffen sind, bedeutet das viel Arbeit für uns - und Stress für die Tiere", sagte Barbara Büsch. Für die mobilen Ställe müssten dann mit Silo-Folie "Vorzelte" gebaut werden, damit die Tiere zumindest noch ein wenig Platz zum Freilauf hätten.

Gegen Mittag gab das Ministerium in Düsseldorf die Regionen bekannt, in denen das Geflügel - das von kommerziellen Halter ebenso wie das von Privatleuten - vorerst nicht mehr unter freiem Himmel im Boden scharren und Gras oder Insekten picken darf (siehe Informationskasten). "Stall-Arrest" werden beispielsweise 220 Legehennen, die Bioland-Landwirt Bernd Groß-Weege auf seinem Hof in Hamminkeln-Lankern im Kreis Wesel in einem mobilen Stall hält, in der nächsten Zeit haben. Abgesehen davon, dass der Bio-Landwirt die Maßnahme irgendwo zwischen "Hysterie" und "Albernheit" einordnet, ist sie für ihn auch sehr "ärgerlich". Die Aufstallung bedeute für ihn mehr Arbeit, da der mobile Stall nun öfter ausgemistet werden müsste. Die Tiere, die den Auslauf gewohnt seien, litten wegen der Stallpflicht unter erhöhtem Stress.

Ähnlich beurteilt Volker Schellenberger, der auf seinem Hof in Kalkar nicht nur Hühner, sondern auch Enten und Gänse hält, die Folgen des Erlasses. Möglicherweise würden damit seiner Einschätzung nach ganze Betriebe kaputtgemacht. Andererseits weiß der Landwirt, dass er sich an die Regelung halten und damit leben muss. Zuversichtlich stimmt den 44-Jährigen die Erfahrung aus der Vergangenheit. Schließlich habe sein Betrieb auch die Aufstallungsgebote während der Vogelgrippe-Gefahr in den Jahren 2006/07 überstanden.

Gefährliche Tierseuchen der Region
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Foto: AFP, AFP

Auf dem Bioland-Hof Richtersgut in Kranenburg hatte Godehard Schnütgen-Nissing, der mit seiner Frau den landwirtschaftlichen Betrieb am Rande des Wildgänse-Überwinterungsgebietes Düffel führt, die etwa 1100 Legehennen schon am Dienstag im Stall samt vorgelagertem "Wintergarten" gelassen. Doch auch wenn seine Tiere damit noch einen gewissen Auslauf hätten, müssten auch sie nun mehr Stress aushalten. "Sie sind es einfach gewohnt, nach draußen zu können - und das wollen sie auch mit aller Macht", sagt der Bio-Landwirt. Deshalb müssten er und seine Frau immer wieder nach den Hennen sehen, um zu verhindern, dass sich beim Drang ins Freie an den Ausgängen selbst erdrücken würden. Erstaunlicherweise - und zum Glück - würden die Tiere aber nicht mit einer erheblichen Verminderung der Legeleistung reagieren.

Sorgen bereitet Godehard Schnütgen-Nissing die Dauer der Stallpflicht. "Vernünftig wäre es, wenn sie Mitte Dezember - mit dem Ende des Vogelzuges - wieder aufgehoben würde", sagt der Landwirt und befürchtet zugleich, dass der Erlass bis weit ins Frühjahr Bestand haben werde. "Das war 2006/07 auch so. Das wäre schon herb."

Barbara Büsch vom Demeter-Hof in Weeze war gestern Mittag erleichtert: Ihr Betrieb ist nicht von der Stallpflicht betroffen. Allerdings hegt sie erhebliche Zweifel, ob die Aufstallung sinnvoll ist. Immerhin sei noch nie Geflügel in Freilandhaltung an der Vogelgrippe erkrankt. Freiland-Geflügel sei einfach widerstandsfähiger als Tiere aus Massenhaltungen. Barbara Büsch sagt: "Auch Menschen empfiehlt man zur Grippevorbeugung: gesunde Ernährung, wenig Stress und viel Aufenthalt an der frischen Luft."

(RP)
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