Hamminkeln Von Barmherzigkeit im Krieg

Hamminkeln · Eine Feier erinnert an Oberst John G. Kormann, der eine Handgranate in den Kartoffelkeller eines Bauernhofs werfen wollte. Er besann sich und bewahrte 14 Menschen vor dem Tod.

 Wie viele Menschen noch von den Ereignissen berührt sind, zeigt die Teilnehmerzahl.

Wie viele Menschen noch von den Ereignissen berührt sind, zeigt die Teilnehmerzahl.

Foto: Weissenfels

Für Andrea Kormann, Tochter des amerikanischen Fallschirmjägers John G. Kormann von der 17. Luftlandedivision, war es das Ende einer bewegenden Geschichte. Gestern wurde am Thülenweg 4 zwischen Hamminkeln und Blumenkamp die Gedenktafel enthüllt, die daran erinnert, dass Barmherzigkeit im Krieg möglich ist. "Be merciful" steht auf der Plakette an einer Biegung des Wegs, wo der Lenkeit-Hof stand. Kormann, damals 20, hatte eingedenk der Mahnung seiner Mutter, auch im Krieg barmherzig zu sein, darauf verzichtet, eine Handgranate in einen Kartoffelkeller zu werfen, in dem er deutsche Soldaten vermutete, wo aber neun Frauen und fünf Kinder hockten. Bei der Zeremonie waren auch die Überlebenden Jürgen Klump (78) und Manfred Neuben (80) dabei sowie Irmgard Busch, die vom nahen Holtkampshof Im Buttenfeld (früher Hamminkeln, heute Wesel) stammt und von den damaligen Ereignissen zu berichten weiß.

Heute erinnert nur noch eine Scheune an den Lenkeit-Hof. Andre Klump, in dessen Familienbesitz das Grundstück ist, bezeichnete es als "Ehre und Freude", die Gedenktafel aufstellen zu können. Bürgermeister Bernd Romanski unterstrich, wie wichtig es sei, die Erinnerung wachzuhalten, und beschwor das gute Verhältnis zu den USA als "Befreiungsmacht". Pfarrer Klaus-Hermann Heuchen sagte, dass John G. Kormanns Verhalten dazu bewegen solle, "selber Mut zu fassen, barmherzig zu sein". Schüler der Gesamtschule ließen kleine Lastensegler gleiten - symbolisch für Operation Varsity, die einen ihrer Haupthandlungsorte in Hamminkeln hatte.

Melanie Sembrat, Präsidentin der Vereinigung der Nachfahren der 17. Luftlandedivision, zu der Kormann gehörte, erinnerte an die größte einzelne Luftlandeoperation, die es je gegeben hat. 1600 Flugzeuge der Allierten dröhnten über den Niederrhein, 1750 Lastensegler gingen nieder, und es dauerte zwei Stunden und 37 Minuten, bis der Strom der Fluggeräte vorüber war. Es war die erste derartige Operation bei Tag, am 24. März 1945 und an einem sonnenverwöhnten Tag wie gestern.

John G. Kormann, der in einer deutschsprachigen Familie in New York aufwuchs und später Diplomat war, hatte häufig erzählt, wie seine innere Stimme ihm sagte, er solle auf den Rat seiner Mutter hören. Andrea Kormann berichtete in ihrer Ansprache, dass es sein Wunsch gewesen sei, Überlebende zu treffen und den Hof wiederzusehen. Sie recherchierte mit dem Niederländer Jos Bex. Sie erhielten das Foto des Hofes und des Kellers - und der schwer kranke John G. Kormann sah es einen Tag, bevor er starb. Seine Tochter traf letztes Jahr die verbliebenen Überlebenden in Hamminkeln: "Eine der bewegendsten Erfahrungen meines Lebens."

(RP)
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