Wie Geht's, Wesel? Von Männern und Macht - Geschichten aus dem Weseler Rat

Wesel · Der Streit um das Kombibad zeigt: In der Weseler Politik ist mancher derzeit mit sehr großem Ego unterwegs. Zusammenreißen sollte man sich. Sonst schwimmen wir vielleicht bald alle auf dem Trockenen.

Der politische Streit um das Kombibad steht vielleicht exemplarisch für das, was da gerade in der Weseler Politik passiert. Thomas Moll, Fraktionschef der Fraktion WfW, hat in dieser Woche in einer Pressemitteilung den verbalen Rundumschlag geübt und SPD und CDU vehement kritisiert. In der Sache hatte Moll nicht Unrecht. Warum, so darf man sich fragen, wird mit Franz Michelbrink der Geschäftsführer der Weseler Bäderlandschaft dafür geschasst, dass er schon frühzeitig Probleme hat kommen sehen? Er hatte sich dafür ausgesprochen, vor dem Badbau Standorte gegeneinander abzuwägen. Teilen der Ratsmehrheit missfiel dieser Kurs, der natürlich faden Beigeschmack einer Gutachteritis und Übervorsichtigkeit hat. Michelbrink bekam also den Laufpass, näher ist die Politik dem Bau eines Kombibades aber immer noch nicht gekommen. Eher ist das Gegenteil der Fall.

Das kann man kritisieren. Thomas Moll übte seine Kritik aber in einem Stil, bei dem man sich fragen muss, wem er mit seiner Attacke schaden will. Hier geht es um Macht, und Moll spielt die Rolle des Bad Guy im Weseler Rat gegen die CDU - seine einstige Partei - mit einiger Lust. Zuvor schon hatte der WfW-Chef in einem Brief an die Bürgermeisterin Teile des Inhalts eines anonymen Briefes öffentlich gemacht, in dem einem CDU-Ratspolitiker und Bauverein-Aufsichtsrat der Vorwurf gemacht wurde, vom Bauverein begünstigt zu werden. Dabei, so sagte Moll unlängst, schlage doch eigentlich noch immer ein christdemokratisches Herz in ihm.

Wer die Weseler Parteienlandschaft beobachtet, muss zu dem Urteil kommen, dass im Grunde die falschen Parteien miteinander Mehrheiten suchen. SPD und CDU machen GroKo-Politik, die immer eine des maximalen Konsens ist. Vielleicht ist die Suche nach Konsens im Falle des Stadtbades auch Grund für den Stillstand. Wenn SPD und CDU im Rat mal anderer Meinung sind, wird das lustvoll inszeniert, ist aber nicht mehr als politische Folklore.

Der Dauerkonflikt von WfW und CDU wiederum ist im Grunde einer, bei dem es um Eitelkeit geht, weniger um politische Inhalte. Auf der einen Seite CDU-Fraktionschef Jürgen Linz, jovial, zurückhaltend, aber in manchen Momenten wohl zu nett. Auf der anderen Seite Thomas Moll, meinungsstark, penibel, beileibe nicht konfliktscheu. Linz ist ein Typ Nachbar, der dir abends eine Grillwurst über den Zaun reicht und nachher noch fragt, ob du kaltes Bier brauchst. Moll ist eher der Typ Nachbar, der dir sagen kann, wie lange du laut draußen eine Grillparty feiern darfst, bevor das Ordnungsamt kommt. Beispiel: Moll hat sich unlängst in einem Brief an die Bürgermeisterin beschwert, dass Linz zwar auf dem Neusser Schützenfest zu Gast war, aber einen Tag vorher die Aufsichtsratssitzung des Bauvereins nicht besucht hat. Das hat was von "Frau Lehrerin, ich weiß was!"

Der Moll-Linz-Konflikt: Da trifft der Politikstil der Kumpelhaftigkeit auf den Stil der Bissigkeit. Das Paradoxon: In der CDU war es Jürgen Linz, der als Fraktionschef die Macht hatte. Moll war Mann im Hintergrund, wollte es nach eigener Aussage auch sein. Mehr habe er nie gewollt, betont Moll stets. Die Wahrheit ist aber auch: Moll wollte aber von hinten aus so kräftig an den Strippen ziehen, dass jeder sehen sollte, wer hier die Ideen hat und wer sie nur verkündet.

Am Ende ist es SPD-Fraktionschef Ludger Hovest, der sich ins Fäustchen lacht. Er profitiert von dieser Krise im bürgerlichen Lager. Das sollten sich CDU und WfW vergegenwärtigen. Wenn dereinst die lästige Copygate-Affäre ausgestanden ist, falls also feststehen sollte, dass nicht ein WfW-Vertreter mit einem anonymen Brief einen CDU-Ratsherrn diskreditieren wollte, dann sollte dies für CDU und WfW der Anlass sein, wieder die Friedenspfeife zu rauchen - oder gemeinsam eine Wurst zu grillen. So langsam müssen sich die Parteien nämlich Gedanken machen, wen sie als Bürgermeisterkandidaten ins Rennen schicken wollen. Vielleicht finden WfW und CDU ja doch noch zueinander? Und wenn es nicht der Bürgermeisterkandidat ist, den sie gemeinsam stellen, dann vielleicht den Bädermeisterkandidaten für das neue Kombibad. Bis das gebaut ist, haben CDU und WfW ja wahrscheinlich noch etwas Zeit.

IHRE MEINUNG? SCHREIBEN SIE MIR! SEBASTIAN.PETERS@ RHEINISCHE-POST.DE.

(RP)
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