Hintergrund Warum Hünxer gegen Zeelink-Trasse sind

Wesel · Hünxe In Hünxe wächst der Widerstand in der Bevölkerung gegen den geplanten Verlauf der Zeelink-Gaspipeline. Besorgte Einwohner haben nun einen umfangreichen Internetauftritt erstellt: www.todes-trasse-nein-danke.de

 Die geplante Gaspipeline soll auch durch Hünxe laufen.

Die geplante Gaspipeline soll auch durch Hünxe laufen.

Foto: Open Grid

Hünxe In Hünxe wächst der Widerstand in der Bevölkerung gegen den geplanten Verlauf der Zeelink-Gaspipeline. Besorgte Einwohner haben nun einen umfangreichen Internetauftritt erstellt: www.todes-trasse-nein-danke.de

Darin beziehen sich die bislang etwa 40 Mitglieder der Initiative unter anderem auf ein Gutachten der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung. Wenn es zu einem Leck und zur Explosion der unter 100 bar Druck stehenden Leitung komme, so der Forschungsbericht, bestünden in einer Entfernung von mindestens 250 Metern nicht die geringsten Überlebenschancen. Innerhalb dieses Bereiches, so die Initiative, lebten in den Hünxer Ortsteilen Drevenack und Bucholtwelmen, wo die Pipeline nahe an den Wohngebieten vorbeigeführt werden soll, jedoch viele Hundert Menschen. Selbst in 400 Meter Entfernung würde der Feuerball noch Kunststoff zum Schmelzen bringen.

Das Risiko einer Havarie könne auch vom Betreiber, der Open Grid Europe, nicht ausgeschlossen werden. Jede zweite der statistisch erfassten Leckagen an Gaspipelines in Europa sei durch äußere Einwirkung wie etwa Bauarbeiten entstanden. Das sei auch die Ursache der Katastrophe von 2004 im belgischen Ghislenghien gewesen: Damals seien 24 Menschen gestorben und 150 teils schwer verletzt worden, als - weit außerhalb der Ortschaft - in einem Gewerbegebiet eine der Zeelink-Leitung vergleichbare Pipeline explodiert sei. Auch in Hessen habe es 2007 bereits einen ähnlichen Unfall an einer viel kleineren Leitung gegeben, der dennoch zahlreiche Verletzte gefordert habe. Der 900-Einwohner-Ort Weinbach-Gräveneck sei dabei nur knapp einer Katastrophe entgangen.

Die Initiatoren des Widerstandes gegen die derzeit geplante Trassenführung fordern von der Kommunalpolitik und der Gemeindeverwaltung, dass sie dem Vorbild zweier niedersächsischer Gemeinden folgt: Diese hätten erfolgreich gegen den Verlauf der dortigen Nordstream-Gaspipeline geklagt. Das Oberverwaltungsgericht habe in seinem Urteil einen Mindestabstand von 350 Metern zu Wohngebieten festgelegt. Der Betreiber habe daraufhin die Trasse neu planen müssen.

Unterdessen hat der SPD-Landtagsabgeordnete und umweltpolitische Sprecher seiner Fraktion gefordert Norbert Meesters als Ergebnis eines Gesprächs mit Bürgern aus Drevenack und Schermbeck über die geplante Gasfernleitung "Zeelink 2" gefordert, dass die Sicherheit der Menschen gewährleistet sein müsse. "Die vorgetragenen Bedenken der Bürger sind nachvollziehbar. Der nach jetzigem Stand geplante Korridor einer möglichen Trassenführung verläuft sehr nahe an einem dicht besiedelten Wohngebiet entlang und belastet wertvolle landwirtschaftlich genutzte Flächen", erklärte Meesters. Er kündigte an, das Thema jetzt auf landespolitischer Ebene noch einmal aufzugreifen um die Möglichkeit einer Wiedereröffnung des Raumordnungsverfahrens zu prüfen. Die Gasnetzbetreiberin Open Grid Europe plant den Bau der Gas-Pipeline von Legden nach Sankt Hubert bei Kempen. Dabei soll sie auch das Gebiet der Gemeinden Hünxe und Schermbeck kreuzen. "Wir brauchen diese Pipeline. Es ist ein wichtiges Projekt für unsere Region", erklärt Meesters. Diese grundsätzliche Auffassung teilten auch die betroffenen Bürger. Problematisch sei jedoch, dass die Führung der geplanten Trasse nach dem mittlerweile abgeschlossenen Raumordnungsverfahren den "Weg des geringsten Widerstands" nehme und Wald- wie Naturschutzgebiete meide. "Grundsätzlich", so Meesters, "halte ich es für richtig, wenn bei groß angelegten Infrastrukturprojekten die Natur geschützt wird. Wenn dies jedoch dazu führt, dass aufgrund eines Restrisikos Menschen einer Gefahr ausgesetzt werden könnten, liegen die Prioritäten falsch." Dabei gehe es nicht um Panikmache. Der heutige Aufbau von Pipelines sei sicher und zuverlässig. Das Material sei darauf ausgelegt, dem Druck von 100 bar des hochverdichteten Gases standzuhalten. Dennoch bliebe ein minimales Restrisiko. "Es ist jedoch ein vermeidbares Restrisiko. Noch ist mit dem Bau nicht begonnen worden. Eine alternative Trassenführung wäre deshalb vielleicht noch möglich", erklärte der Landtagsabgeordnete. Vorstellbar wäre, eine bereits vorhandene Trasse mit bestehenden Fernmelde- und Gasleitungen zu nutzen, die zwischen der Lippe und dem Wesel-Datteln-Kanal verläuft. Kurz vor Gartrop-Bühl könnte diese Trasse dann nach Norden abbiegen und auf diese Weise kein dicht besiedeltes Gebiet kreuzen. "Hier sollte man die Notwendigkeit zur Bündelung bereits bestehender Infrastrukturen beachten, statt völlig neue Wege zu schaffen, die zusätzlich noch unnötigerweise Menschen beeinträchtigten", meinte Meesters. Diese von den Betroffenen vorgeschlagene Trassenführung verliefe zwar einige Kilometer durch Waldgebiet, "aber es müssten dann zum Ausgleich andere Flächen ökologisch wertvoll aufgeforstet werden". Meesters will nun Kontakt mit dem Landesbetrieb Wald und Holz sowie mit der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei und dem Umweltministerium aufnehmen, um den Bedenken auf Landesebene Gehör zu verschaffen.

(RP)
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