Interview: Marlies Hillefeld "Wer Herz öffnet, bekommt viel zurück"

Wesel · Die engagierte Weseler Flüchtlingshilfe ist gestern mit dem Förderpreis des Lions Clubs Wesel ausgezeichnet worden.

 Marlies Hillefeld versprach bei der Preisverleihung, dass sich die Flüchtlingshilfe trotz der enormen Aufgaben nicht entmutigen lassen wird.

Marlies Hillefeld versprach bei der Preisverleihung, dass sich die Flüchtlingshilfe trotz der enormen Aufgaben nicht entmutigen lassen wird.

Foto: Erwin Pottgiesser

WESEL Bevor der Lions Club die 2002 gegründete Weseler Flüchtlingshilfe gestern in der Aula der Musik- und Kunstschule mit dem 2500 Euro dotierten Förderpreis ausgezeichnet hat, sprach die RP mit der Vorsitzenden Marlies Hillefeld über die aktuelle Situation von Asylbewerbern in Wesel, über fehlende Wohnungen und das gute Gefühl, Menschen in Not zur Seite zu stehen.

Ist es richtig, dass bei der Flüchtlingshilfe nur Frauen aktiv sind?

Hillefeld Nein, wir sind 13 aktive Frauen und ein Mann. Und wenn es gilt, Möbel zu schleppen, packen alle unsere Ehepartner mit an.

Wofür bekommt die Flüchtlingshilfe den Förderpreis?

Hillefeld Für unser Engagement zur Verbesserung der Situation vor allem von Flüchtlingen und deren Kindern.

Was können Sie konkret tun?

Hillefeld Wir versuchen für die Familien aus den unterschiedlichsten Ländern Wohnungsmöglichkeiten zu finden. Und dann bekommen sie die Erstausstattung von uns geschenkt. Ich muss mich an dieser Stelle einmal loben, obwohl ich das nicht gerne tue. Mein Mann, eine Mitstreiterin und ich bieten samstags immer einen Bastelvormittag für Flüchtlingskinder an.

Und wie funktioniert die Kommunikation?

Hillefeld Zunächst nur über Zeichensprache. Die Kinder haben unterschiedliche traumatische Erlebnisse hinter sich. Und die enormen Sprachschwierigkeiten führen dazu, dass sich die Kinder zunächst einmal allem verschließen. Durch die Aktivitäten, die wir entwickeln, können wir auf die Kinder einwirken. Wir ermutigen sie, einmal einen Pinsel in die Hand zu nehmen. Dann ist es eine Frage der Überzeugungskraft sie dazu zu bringen, es selbst einmal zu versuchen. Wenn die zwei oder drei Mal bei uns waren, sind die Hürden beseitigt, dann spielen die Kinder aus unterschiedlichen Nationen auch miteinander, auch wenn sie sich sprachlich nicht verständigen können.

Wie klappt die Verständigung mit den Eltern?

Hillefeld Wunderbar. Zum einen können viele wenigstens ein wenig Englisch. Und um jemanden zu ermutigen, braucht es eigentlich keine Sprache. Man muss auch sagen, dass die Menschen, die aus Afghanistan oder Syrien zu uns kommen, ihr Leben in die Hand genommen haben. Deren Familien haben sich oft verschuldet, um wenigstens einem Sohn die Möglichkeit zu geben, aus den Kriegsgebieten herauszukommen. Viele von ihnen sind hoch qualifiziert, die können wir hier eigentlich auch gut gebrauchen.

Aber sie dürfen nicht arbeiten, oder?

Hillefeld Zunächst mal nicht. Ich hoffe ja sehr auf die neue Vereinbarung zwischen Land und Bund, die ich noch nicht kenne, die aber die Wartezeit wesentlich verkürzen soll. Das Problem aktuell sind die langen Wege vom Jobcenter zur Arbeitsstele. In der Praxis ist das so, dass wir für die, die arbeiten dürfen, einen Arbeitgeber finden. Der muss ein Formular ausfüllen, das der Bewerber mit unserer Hilfe zu einer zentralen Stelle zur Überprüfung bringt. Bis aber die Antwort da ist, ist die Stelle besetzt.

Gibt's in Wesel ein besonderes Problem?

Hillefeld Wir suchen händeringend Wohnungen für Familien. Und zwar in allen Stadtteilen, damit es nicht zu einer Massierung in einem Objekt kommt. Wer als Vermieter sein Herz öffnet, der bekommt unheimlich viel zurück. Und nicht nur eine sichere Mieteinnahme.

Die Dankbarkeit der Menschen ist sicher auch ein Grund für Ihr Engagement.

Hillefeld Das ist sicher eine Motivation, die uns alle bei der Stange hält.

Der Förderpreis ist mit 2500 Euro dotiert. Was passiert mit dem Geld?

Hillefeld Wir werden es ausnahmslos für Kinder bereitstellen.

KLAUS NIKOLEI FÜHRTE DAS GESPRÄCH

(RP)
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