Wesel Weselerin hat Vertrag mit Plattenfirma in Tokio

Wesel · Desiree Richter aus Flüren (26) verkleidet sich mit selbst genähten Kostümen als Mangafigur und singt japanische Coversongs.

Desiree Richter in ihrem "Wardrobe-Studio", wie sie es selbst nennt.

Desiree Richter in ihrem "Wardrobe-Studio", wie sie es selbst nennt.

Foto: Nikolei

Wann immer Desiree Richter (26) in den vergangenen zehn, zwölf Jahren neue Leute kennengelernt und erzählt hat, dass sie aus Wesel kommt, gab's oft nur den einen Kommentar: "Ach, da wohnt doch auch Dolly Buster." Irgendwann, so hat sie sich schon als Jugendliche geschworen, "möchte ich, dass die Leute beim Stichwort Wesel sagen: ,Hey, da kommt doch Desi her." Desi, das ist ihr Künstlername.

Einen ersten großen Schritt auf dem Weg, eine Berühmtheit zu werden, hat die Studentin des Masterstudiengangs Modernes Japan gerade getan. Denn - vermutlich - als erste Deutsche hat sie jetzt einen Vertrag mit einer japanischen Plattenfirma geschlossen. Wer bei den Online-Musikplattformen Spotify, iTunes oder Amazon den Namen Desi Haneda eingibt, kann von ihr gecoverte Anime-Titel-Songs hören.

Für die Generation Ü 40 sei an dieser Stelle erklärt, dass praktisch alle Japaner Mangas lieben. So heißen die Comics im Land der aufgehenden Sonne. Mangafiguren, die in Animationsfilmen zum Leben erweckt werden, heißen Anime. Dazu gehören auch Pokémons. Und zu diesen Filmen gibt's natürlich auch Songs. Und Desi covert sie. "Ich singe einfach die Stücke nach, die dann auf CD gepresst über Amazon Records Japan vertrieben werden", sagt sie. Als Tonstudio dient ihr - kein Scherz - aktuell noch ein Kleiderschrank im Keller der Familie in Flüren. "Wegen der Akustik. Ich öffne den Schrank, schließe das Mikro am Laptop an und fange an."

Kaum zu glauben: Hier im "Wardrobe-Studio" (Englisch: Kleiderschrank-Studio) ist auch ihr erstes Musikvideo entstanden. Ob es vielleicht später mal bei Youtube zu sehen sein wird, muss die japanische Plattenfirma noch entscheiden.

Desi, die 2009 am Konrad-Duden-Gymnasium ihr Abitur gemacht hat, war schon immer eine auffällige Erscheinung. "Manchmal bin ich mit Elfenohren rumgelaufen. Das war schon verrückt. Die gehörten damals zu meinem selbst geschneiderten Cosplay-Kostümen." In Japan ist es bei Jugendlichen Trend, Anime-Kostüme zu nähen und sich auf Großveranstalten zu treffen. Mittlerweile ist diese Welle auch nach Europa geschwappt. Auf solchen Treffen in Deutschland ist Desi schon mehrfach aufgetreten. Im März sogar als deutsche Repräsentantin beim "Haneda International Anime Music Festival" am Flughafen in Tokio. Das Nähen hat sie als Zwölfjährige bei der Weseler Volkshochschule gelernt. "Bei Andrea Becker", erinnert sie sich. Und dann zeigt sie auf ihrem Laptop eine Reihe von unglaublich aufwendig gearbeiteten und wunderschönen Cosplay-Kostümen.

Wer weiß, vielleicht wird Desi im nächsten Jahr in einem solchen Outfit auch auf einer Bühne beim Eselrock-Festival im Heubergpark zu sehen sein. "Ich würde mich freuen, wenn Wesel sich meine japanischen Songs anhören würde." Auf ihre Zukunftspläne angesprochen, sagt sie selbstbewusst: "Ich möchte in den nächsten Jahren nach Japan gehen und dort als Sängerin erfolgreich sein. Auch mit eigenen Stücken. Aber natürlich werde ich meine Familie in Wesel immer wieder besuchen."

(RP)
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