Wesel "Wir gehen kleine Schritte"

Wesel · Sparvorschläge (Bäder, Bücherei u. a.) und Dezernenten-Debatte: Das Ampel-Bündnis hat der FDP bisher nicht gut getan. Wo sie jetzt hin will – eine Standortbestimmung von Fraktionschef Friedrich Eifert.

Der Fraktionschef der Liberalen, Friedrich Eifert, hat's politisch nicht leicht. Mit unpopulären Vorschlägen wie Schließung von Bädern oder Bürgerbüro macht er sich wenig Freunde. Schon bei der Dezernenten-Debatte hatte das Ansehen der Weseler FDP gelitten. Die Fraktion ist bisher Verlierer der Ampel-Koalition aus SPD, FDP und Grüne. RP-Redakteur Thomas Hesse sprach mit dem FDP-Chef.

Ihr Kandidat Marcus Schafaff hat sich in der RP zu aktuellen Themen gemeldet. Wie finden Sie das?

Eifert Er steht uns weiter zur Seite. Und er soll mit seinen unkonventionellen Ideen die FDP beraten. Und das ist auch gut so.

Trauern sie dem Verlust des erstrebten Dezernenten-Postens hinterher?

Eifert Wir wären in der Verwaltung stärker verankert gewesen, könnten dort besser agieren. Aber über das Bündnis können wir jetzt mitgestalten, die CDU ist weiter nicht verlässlich. Die Partner benötigen uns für die Personalentscheidungen. Sozialdezernent Jung geht, und die Wahlzeit der Kämmerin läuft in zwei Jahren ab – da werden wir gebraucht. Aber wichtig ist, dass wir klar zur Sacharbeit beitragen.

Warum provozieren Sie mit Vorschlägen wie Bäderschließung? Sie gehen einsam nach vorne, ohne dass eine Debatte schon läuft.

Eifert Ich habe nichts von einer Bäderschließung gesagt, sondern dass alles auf den Prüfstand muss.

Sie sagten, drei Bäder wie jetzt kann sich Wesel nicht leisten.

Eifert Es wurden wechselnde Zahlen zur Sanierung des Heubergbades genannt. Da muss man die Frage stellen, was denn Sache ist und wie seriös die Daten sind. Die Frage ist, ob sich eine 63 000-Einwohner-Stadt drei Bäder leisten kann. Ich kann mir im Immobilien-Management vorstellen, dass etwas von privaten Betrieben gemacht wird oder dass bei Bädern interkommunale Zusammenarbeit möglich ist.

Ist das mutig oder verwegen, wenn nur die FDP eine Bäder-Schließung thematisiert?

Eifert Ich bin ja selbst Schwimmer und freue mich, im Rheinbad Bahnen zu ziehen. Aber man muss Fragen stellen dürfen. Es geht nicht darum, weiche Standortfaktoren zu riskieren. Es geht heute mehr denn je um Kosten und Geld.

Thema Geld: Ist der Haushalt noch zu retten?

Eifert Wo kann ich weiter reduzieren mit welcher Folge? Ich habe immer wieder nach einer vernünftigen Verwaltungsreform gefragt. Laufen die Prozesse eigentlich richtig, lässt sich durch verbesserte Abläufe Geld sparen?

Wo liegen die Schwerpunkte der FDP?

Eifert Beim Thema wirtschaftliche Entwicklung. Wir bekommen nur etwas hin, wenn wir neue Arbeitsplätze schaffen. Das bekommen wir nicht mit Bordmitteln der Kommunen und des Kreises geregelt. Beim Thema Logistik z. B. muss man bei Ansiedlungsversuchen weltweit agieren. Im Lippemündungsraum oder im Rhein-Lippe-Hafen zeigt sich, dass die interkommunale Zusammenarbeit immer noch nicht richtig funktioniert.

Sie sind gegen Kirchturmspolitk. Im Bündnis sitzen Sie doch an den Schalthebeln, können den Stillstand etwa bei der Stadtentwicklung in Bewegung umsetzen.

Eifert Stadtentwicklungspolitisch heißt es leider: Still ruht der See. Man muss Zielkonzepte für Wesel für die nächsten zehn, 20 Jahre haben. Die Stadtplaner müssten voran schreiten. Da kommt nichts auf unsere Fragen an die Bürgermeisterin. In der Verwaltung muss klar sein, dass es ohne Wirtschaft und Handel nicht geht. Ein Dezernent Schafaff hätte frischen Wind gebracht und eine andere Denke.

Wo ist die FDP innerhalb der Ampel positioniert? Das Bündnis hat der FDP in der öffentlichen Meinung nicht gut getan.

Eifert Die politische Alternative wäre, dass Ludger Hovest (SPD) und Rudi Spelmanns (CDU) weitermachen wie einst. Nun können wir selbst Eckpunkte setzen. Wir als FDP gehen die kleinen Schritte so, wie es politisch und finanziell möglich ist. Da können wir versuchen, Strukturen aufzubrechen und neue Gedanken einzubringen. Auch mit Hilfe von Leuten, die nicht aus Wesel kommen.

Wird ihre Politik in der Ampel auch kommuniziert oder überlassen Sie Ludger Hovest die Deutungshoheit?

Eifert Hovest ist mit allen Wassern gewaschen, was öffentliche Darstellung betrifft. Aber die Deutungshoheit überlassen wir ihm nicht. Wir müssen unsere Inhalte transportieren, etwa durch öffentliche Foren und mehr Internetdarstellung. Ich verspreche mir einiges von der Verjüngung des Parteivorstandes, die am Montag ansteht.

Was nimmt sich die FDP in den nächsten Monaten vor?

Eifert Von der Verjüngung des Ortsverbandes und des Kreisvorstandes, aus dem ich ausscheide – der Weseler Bernd Reuther will kandidieren – erwarte ich Impulse. Ins Tagesgeschäft der Fraktion soll mehr Drive – siehe Stadtentwicklung und Wirtschaft – reinkommen. Aber wir sind keine Marktschreier und versuchen, die Dinge sachlich zu bewegen.

Auch beim Sachthema Betuwe?

Eifert Da werden wir auf dem Ortsparteitag etwas sagen, da gibt es einen Antrag von Prof. Haerten. Wir als FDP verfolgen das Ziel, dass das dritte Gleis kommt und damit Lärmschutz. Bund und Bahn übernehmen die Kosten für die Bahnübergänge sowie die lärmmindernde Technik fürs Gleisbett. Wir werden von der Bundes-FDP bald hören, wie es da weitergeht.

(RP)
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