Hamminkeln Wirtschaft feiert Ex-Kanzler und Kandidat

Hamminkeln · Gerhard Schröder war zwar offiziell Gast des Vereins Pro Mittelstand. Aber es ging um die Unterstützung der Hamminkelner SPD und ihres Bürgermeisterkandidaten. Ernsthaft debattiert wurde auch.

 Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder besucht auf Einladung von Pro Mittelstand die Firma van Clewe.

Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder besucht auf Einladung von Pro Mittelstand die Firma van Clewe.

Foto: Malz, Ekkehart (ema)

Gerhard Schröder, der Ex-Bundeskanzler, der unter der Agenda 2010 litt und heute als deren Durchsetzer nicht nur bei Wirtschaftsleuten Ansehen genießt, verschlägt es nicht ohne Grund in die Dingdener Provinz. Hier hat der neue Verein Pro Mittelstand seine Keimzelle, von hier aus steuert der ehemals CDU-affine Vorsitzende Walter Münnich die Unterstützungskampagne für den SPD-Bürgermeisterkandidaten, Bernd Romanski. Dieser hält große Stück auf Schröder und zählt sich zu seinen Freunden. Romanski fuhr nach Hannover zum Kanzler a.D., der dem Auftritt als Wahlhelfer mit Begleitung von Pro Mittelstand zustimmte. Der Promi stieg beim Besuch in Dingden auch in die politischen Niederungen des platten Landes herab und lobte das politische Stimmerheben des Mittelstandes, vor allem aber beschäftigte er sich mit großer Politik.

Erst bei einer Betriebsbesichtigung beim Textilveredler van Clewe, der als mittelständische Firma viel zum Standort Deutschland zu sagen hat. Dann im voll besetzten Saal des Landhauses Ridder in einer internen Debatte von Pro Mittelstand mit Gästen. Die Themenliste: Wirtschaftsbeziehungen zu Russland, Widerstände durchsetzen am Beispiel der Agenda 2010, dem Mittelstand Gehör verschaffen. Der 71-Jährige, den Mittelstand-Chef Walter Münnich seit der Eröffnung Hannover-Messe vor 20 Jahren "sehr sympathisch" findet und den er beharrlich mit "Herr Bundeskanzler" anredet, als sei der noch im Amt, federt aus der Limousine, eilt auf Unternehmerfamilie van Clewe zu. Chef Ansgar van Clewe führt ihn durch die Produktion. Schröder hört zu, ist launig unterwegs, wenn der kurz geratene Seniorchef Bernhard van Clewe, der beim Fotoschießen mit "die Kleinen nach vorne" drängt, wissen lässt: "Wem sagen Sie das?" Aufmunterndes Schulterklopfen hat der Ex-Kanzler für Romanski parat. Er hat Zeitung gelesen und lobt die FDP für die Unterstützung des SPD-Mannes: "Seit Langem habe ich keine solch vernünftige Entscheidung von Liberalen gesehen." Ob der Hannoveraner aber die mit Romanski-Postern bepflasterte Ape der USD vor dem Landhotel als Wahlhilfe enträtseln konnte? Ein Lob für die einst von der SPD abgespaltene Gruppierung und heutige Romanski-Freunde bleibt aus.

Dann wird Schröder politisch ernst. Der Mann, der von 1990 bis 1998 niedersächsischer Ministerpräsident sowie von Oktober 1998 bis November 2005 der siebte Bundeskanzler war, heute Rechtsanwalt sowie in verschiedenen Positionen in der Wirtschaft und bekennender Anhänger von Russlands Regierungschef Wladimir Putin ist, übt Kritik am Vorgehen der EU. Sanktionen müssten beendet oder begrenzt werden, denn: "Russland braucht Europa weniger als Russland Europa." Wie er einst die Agenda 2010 durchsetzte, zu der Schröder heute noch steht, will Romanski, der sich als Durchsetzer sieht, wissen. Der Ex-Kanzler macht den Verantwortungsvollen, man müsse ein Risiko eingehen, wenn eine Entscheidung dem Land diene. Das Risiko sei gewesen, die Wahl zu verlieren, was auch eintrat.

Ein Risiko geht der SPD-Kandidat auch ein, wenn er Pro Mittelstand Zusagen für wirtschaftsfreundliche Politik macht. Schröder fällt das Höchstlob des Vereins, etwas lautstark zu fordern, und rät, vom "künftigen Bürgermeister" bald eine Tätigkeitsbilanz zu verlangen. Das alles soll nicht unbemerkt bleiben. Pro Mittelstand dreht das große Rad. "Spiegel", "Wirtschaftswoche" und TV waren da. Ihr Thema: "Ein Manager als Bürgermeister".

(RP)
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