Wesel/Rees Wolf am Niederrhein unterwegs: Das sagen Experten

Wesel/Rees · Im Großraum Bislich, Haffen, Mehr war am Montag ein Wolf unterwegs. Das Landesamt für Umwelt bestätigte am Abend nach Auswertung von Fotos den Verdacht. Dass das Tier länger hier bleibt, gilt als nicht ausgeschlossen.

 Dieses Bild des Wolfes machte der Haffener Landwirt Christian Wellmann im Bereich des Deiches.

Dieses Bild des Wolfes machte der Haffener Landwirt Christian Wellmann im Bereich des Deiches.

Foto: Christian Wellmann

Die Rückkehr der Wölfe wird immer greifbarer. Im Großraum Bislich, Mehr und Haffen ist am Montag ein wandernder Wolf gesehen worden. Mehrere Sichtungen des Tieres wurden gemeldet, das Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Verbraucher (Lanuv) NRW bestätigte am Abend nach Auswertung der Fotos und Auswertung der Spurenlage, dass es sich um einen Wolf handele.

Wolf bei Rees gesichtet
Foto: Heiko Kempken

Die Nachbarinnen Marianne Krüsel und Elisabeth Vennemann erlebten aus etwa 30 Meter Entfernung mit, wie ein Tier, das sie direkt als Wolf identifizierten, zwischen ihren Höfen am Reedaelweg in Rees-Mehr dahertrabte. "Ohne Panik, ganz gemächlich", schildert Krüsel, die gleich den Naturschutzbund (Nabu) in Wesel informierte. Dessen Kreisvorsitzender Peter Malzbender bekam Bildmaterial zugesandt, das Landwirt Christian Wellmann am Deich in Haffen gemacht hatte. Wellmann hatte das Tier gegen 11 Uhr im Bereich der Pumpstation in Haffen zwischen altem und neuem Teil des Deiches entdeckt. "Er lief ganz ruhig, wirkte nicht aufgeschreckt", schildert der 24-jährige Landwirt. Wellmann macht ein Bild des Tieres, filmte sogar ein kleines Video.

Danach meldeten sich der Jagdverband und ein Wolfbeauftragter. Wellmann selbst kontaktierte erst einmal einen Bekannten, der im Bereich des Deiches Schafe hält. "Den habe ich direkt gewarnt." Angst um seine eigenen Tiere hat Wellmann nicht. "Ich gehe nicht davon aus, dass der Wolf sich bis in unseren Stall hereintraut." Peter Malzbender, Naturschutzbund-Vorsitzender im Kreis Wesel, hatte bei Sichtung der Bilder kaum Zweifel, dass es sich bei dem Tier um einen Wolf handelt. Die kurzen Ohren, der hängende Schweif und der geradezu typische Gang deuteten darauf hin. Vermutlich habe sich das wandernde Tier im Raum Bislich-Vahnum versteckt gehalten und sei auf der Suche nach eine Rheinquerung.

Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz schaltete die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) ein. Dieses überprüfte die Fotos. Zudem habe der zuständige Wolfsbeobachter - am Montag war dies Peter Sprenger aus Aldekerk - den Ort bestätigt und auf weitere Spuren untersucht. Laut Malzbender reicht ein Haar, um über eine DNA-Analyse zu klaren Aussagen zu kommen. Weitere Angaben zur Herkunft des Tieres, zum Alter oder Geschlecht konnten Montag anhand der Sichtung und des Fotos allerdings noch nicht gemacht werden.

Ob der Wolf nur auf der Durchreise ist oder sich längere Zeit in einer Region aufhalten wird, könne nicht vorhergesagt werden, so das Lanuv. Wölfe seien ausdauernde Läufer und könnten pro Nacht mehr als 40 Kilometer zurücklegen.

In Nordrhein-Westfalen galt der Wolf seit Mitte des 19. Jahrhunderts als ausgerottet. 2009 wurde dann bestätigt, dass ein Wolf aus Nordhessen die Grenze zu NRW (Kreis Höxter) überquerte. Seitdem konnten wiederholt einzelne durchziehende Wölfe in NRW gesichtet werden. Fünf bestätigte Wolfsichtungen gab es von April 2016 bis Ende März 2017 in NRW, der weitaus größere Teil sind aber Falschmeldungen. Wie Ingrid Hucht-Ciorga, Biologin und beim Lanuv zuständig für das wissenschaftliche Monitoring von Wölfen, sagt, hatte unlängst ein mit Sender versehener Wolf auf dem Weg von Polen nach Belgien die Emmericher Rheinbrücke genutzt.

Was ist zu tun, wenn man einem Wolf begegnet? Ängstigen müsse man sich nicht, beruhigt Malzbender. Wölfe gingen Menschen normalerweise aus dem Weg. Angriffe von gesunden freilebenden Wölfen auf Menschen in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten seien nicht dokumentiert, sagt auch Biologin Hucht-Ciorga.

Wölfe seien extrem scheu, und es sei überaus selten, dass Spaziergänger einen Wolf aus der Nähe zu Gesicht bekämen. Falls es doch dazu kommen sollte, raten die Experten beim Lanuv: Man sollte nicht versuchen, Wölfe anzufassen oder zu füttern. Man solle aber auch nicht weglaufen, sondern stehenbleiben und sich langsam zurückziehen, wenn man den Abstand vergrößern wolle. Man könne einen Wolf vertreiben, indem man ihn laut anspreche, in die Hände klatsche und mit den Armen winke. Begegnungen mit Wölfen sollten auf jeden Fall gemeldet werden.

(RP)
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