Wesel Yad Vashem ehrt Hulda und Otto Pankok

Wesel · Unten die SS, oben versteckte Juden: Eva Pankok nimmt am Montag in Berlin die Auszeichnung "Gerechte unter den Völkern" für ihre Eltern Otto und Hulda entgegen. Dahinter steckt die bemerkenswerte Rettung von Juden im Jahr 1944.

Eva Pankok und eine Delegation der Stiftung nehmen am Montag im Plenarsaal des Kammergerichts Berlin die Auszeichnung "Gerechte unter den Völkern" der Gedenkstätte Yad Vashem für Otto und Hulda Pankok entgegen. Die Familie hatte 1944 den Maler Mathias Barz und seine jüdische Frau Hilda versteckt. Festredner sind der israelischer Botschafter und Prof. Jan Philipp Reemtsma. Urkunde und Medaille werden im Kammergericht vergeben. Die israelische Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem vergibt die Ehrung posthum, es ist die höchste Auszeichnung, die Israel an Nicht-Juden vergibt. Neben dem Maler Otto Pankok und seiner Ehefrau, der Journalistin Hulda, wird auch der katholische Pfarrer Joseph Emonds geehrt.

Dahinter steckt eine bemerkenswerte Geschichte von Mut, Wehrhaftigkeit und der Selbstverständlichkeit, bedrohten Menschen zu helfen. Pankok und Barz kannten sich aus Düsseldorf, beide waren verfemte Künstler, beide erlebten eine Odyssee, um das Regime zu überstehen. Das Ehepaar Barz, er Künstler mit Berufsverbot, sie Schauspielerin, die nicht mehr auftreten durfte, wurden 1936 verhaftet. Sie kamen wieder frei, mussten ihre Wohnung verlassen, fanden in Düsseldorf Unterschlupf. Voller Angst zogen sie in die Eifel weiter, wo die Pankoks im Städtchen Pesch selbst nach einem Irrweg untergekommen waren.

"Es war ein einfaches Haus, es war 1944, wir alle lebten von der Hoffnung auf das Ende des Krieges. Da hörten wir in der Morgendämmerung Rufe: ,Pankok'. Wir wussten nicht, wer es war, wir lagen noch zu Bett. Mein Mann zog sich an, um die Tür zu öffnen", erzählte Hulda später in einem Fernsehbeitrag. Es waren Barz und seine Frau, die sagten, sie hätten die Absicht durch die nahe Front zu brechen, um zu den Alliierten zu gelangen. Ein extrem gefährliches Unterfangen, Pankok bot den Flüchtigen ein Dachzimmer an. Der Familienrat war sich einig zu helfen. Monate lebte man zusammen, doch die Versorgung wurde immer schwieriger. Pankok entschloss sich, den örtlichen Pfarrer um Hilfe zu bitten, sagte offen, dass er einen Juden verstecke. Vergebens. Die Lage wurde kritischer. Pankok sprach den NS-Bürgermeister an. Der sagte: "Ich werde euch nicht verpfeifen, wofür?" Und kam abends mit einem großen Korb mit Fleisch, Gemüse und Kartoffeln.

Die Gefahr eskalierte. 20 Soldaten wurden in Pankoks Atelier einquartiert, der Offizier entdeckte die Dachkammer und wollte sie belegen. Pankok hielt ihn hin. Der Offizier wollte die Tür dennoch öffnen. "Als er sie aufmachen wollte, da klemmte sie zu unserem Glück", erinnerte sich Pankok. Damit war klar, dass Barz und seine Frau flüchten mussten. Pankok sagte: "Mir fiel ein Mann ein, auf den ich mich verlassen konnte, das war der Pfarrer Emonds aus Kirchheim." Hier sorgte ein Ring von Helfern, dass sich verfolgte Juden verstecken konnten. Im Pfarrhaus kam es zu einer bizarren Situation. "Das Haus war unten von der SS beschlagnahmt. In den unteren Zimmern saß der Divisionsstab. Es gelang uns, die Barz' auf den Speicher zu bringen und zu verstecken", erzählte der Pfarrer. Unten SS, oben jüdische Flüchtlinge - "und alles ging gut".

Mathias und Hilde Barz überlebten das Regime am Ende in Düsseldorf, wo sie in der Kunsthalle Unterschlupf fanden.

(RP)
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