Stadt Kempen Ältere Dinge in neuen Zusammenhängen

Stadt Kempen · Der BBK Niederrhein stellte zwei neue Mitglieder vor. In "Zwei x neu" zeigen Christiane Behr und Czaja Braatz ihre Arbeiten in Kempen in den Atelier- und Galerieräumen von Edith Stefelmanns in der Rabenstraße.

 Die Neuen beim BBK Niederrhein: Czaja Braatz (links) und Christiane Behr stellen bis 15. November im Atelier Stefelmanns in Kempen aus.

Die Neuen beim BBK Niederrhein: Czaja Braatz (links) und Christiane Behr stellen bis 15. November im Atelier Stefelmanns in Kempen aus.

Foto: ACHIM HÜSKES

Seit 2012 ist es Tradition, dass der BBK Niederrhein seine neuen Mitglieder in Atelier und Galerie der Kempener Künstlerin Edith E. Stefelmanns vorstellt. "Zwei x neu" heißt es nun zur Präsentation mit Arbeiten von Christiane Behr und Czaja Braatz. Dabei bezieht sich das Adjektiv einzig auf den Status der erst kürzlich aufgenommenen Künstlerinnen im Bundesverband der Künstlergemeinschaft. Im Metier sind beide längst zuhause, wie die zu beider Biografien gehörenden Ausstellungen belegen.

Auf den ersten Blick arbeiten sie sehr unterschiedlich. Czaja Braatz greift zu Materialien, die teilweise schon eine mehrhundertjährige Geschichte haben oder zumindest zuvor ein ganz anderes Leben hatten. Christiane Behr erschafft vorwiegend aus verschiedenen Wachsen und Harzen Objekte im Bildformat. Unversehens hat der Betrachter irgendwann den Wunsch, das Geheimnis von tiefer liegenden Schichten zu ergründen. Das ist zwar kaum möglich, doch es bleibt das Gefühl, dass das Wechselspiel zwischen dem Vordergründigen und dem, was von unten wirkt, zum Abriss einer Zeitreise wird.

Vom Eingang kommend gehört Braatz, die in Schwalmtal lebt und arbeitet, während der Schau die linke Seite der Galerie in der Rabenstraße 21. Die Präsentation ist gut durchdacht, auf eine überschaubare Auswahl zurückgenommen und dabei doch eine repräsentative Übersicht über das Schaffen aus den Jahren von 1994 bis 2015. Für die jüngste Arbeit hat Braatz zwei alte Getreidesäcke in der Anordnung eines Diptychons über die Farbgestaltung in die moderne Kunst geholt. Zugleich bleibt die ursprüngliche Bestimmung ablesbar. "Es ist wie ein Zusammenarbeiten mit Handwerkern von früher", sagt die Künstlerin dazu.

Ihr geht es um Respekt und die Wertschätzung von älteren Dingen, die ihr Eigenleben haben. Mit Gaze und Nessel hat sie ausgediente Balken aus mittelalterlichen Fachwerkhäusern umwickelt. Es mutet wie ein Umwickeln von Wunden an, während aufgesetztes Glas oder moderne Holzstücke Assoziationen an die moderne Architektur ergeben. Charakteristisch für Czaja Braatz ist die sparsame, zurückgenommene Gestaltung, die der Gratwanderung zwischen den Zeiten geschuldet ist und sich erst allmählich entfaltet. So muten die aus alten Hüten verwandelten "Narbenschalen" beinahe filigran an. Doch eine birgt viele kleine Kreuze als Symbol für die Erinnerung an Verstorbene. In eine dieser Schalen dringen Glassplitter ein. "Das wirkt natürlich besonders aggressiv, aber Stiche können genauso töten", sagt die Künstlerin und zeigt eine Schale, in denen zahlreiche kleine Winkel ein filigranes Muster von spitzen Stichen ergeben.

Christiane Behr aus Mönchengladbach kommt von der Textilen Bildhauerei her, doch vom eigentlichen Umgang mit textilen Materialien hat sie sich längst entfernt. Das soll aber nicht heißen, dass Textilien nicht mehr vorkommen. Hin und wieder finden diese doch wieder Eingang in ihr Schaffen, doch versteckt und überlagert als Relikt ihrer früheren Verwendung. Behr zeigt fünf Arbeiten von mittlerer Größe und ein Großformat. Schichten von Wachsen und Harzen sowie eingebrachte Pigmente entfalten im Mit- und Gegeneinander des Vordergründigen und des Überlagerten eine diffuse Stimmung. Hier und da sind Aufbrüche, die Einblick in die Schichten erlauben. Diese Risse sind als Soll-Bruch-Stellen einkalkuliert, aber nicht gesteuert. Behr experimentiert bei den Wachsschichten mit unterschiedlichen Aggregatzuständen, da Wachs fast erkaltet anders reagiert als im heißen Zustand. Das Großformat hält ein Stück Textil gefangen. Es ist ein Stück aus einer älteren Arbeit der Künstlerin und so auch eine subtile Aufbereitung der persönlichen Vergangenheit.

(anw)
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