Stadt Willich Alleeschule wird wieder verkauft

Stadt Willich · Die Xcom AG, die das historische Gebäude im Anrather Ortskern erst vor rund zwei Jahren nach aufwendiger Sanierung bezogen hat, möchte die ehemalige Schule wieder verkaufen. Der stellvertretende Bürgermeister Gather ist schockiert.

Nun also doch: Die Alleeschule in Anrath steht wieder zum Verkauf. 1,15 Millionen Euro will der derzeitige Eigentümer, die Xcom AG, für das historische und den Stadtteil prägende Gebäude haben. Vor ziemlich genau einem Jahr hatte Markus Gather (SPD), stellvertretender Bürgermeister der Stadt Willich und selbst aus Anrath, bereits derartige Gerüchte vernommen und sich an das Unternehmen gewandt. Auf Nachfrage der RP ließ Xcom-Vorstand Kai Hendrik Eichler damals dementieren. Und noch vor ein paar Wochen sagte Roman Keßler, Sprecher der Fintech Group, zu der die Xcom gehört, man werde Willich nicht verlassen. Dass sich diese Aussage nicht auf die Alleeschule bezog, wird jetzt deutlich.

Bürgermeister Josef Heyes teilte gestern auf Anfrage unserer Redaktion mit, dass es in den vergangenen Wochen Gespräche mit Unternehmens-Vertretern gegeben habe. "Die Xcom untersucht derzeit drei Alternativstandorte, einer davon befindet sich in der Stadt Willich. Wir hoffen natürlich, dass die Entscheidung zu unseren Gunsten ausfällt - schon um die bis zu 80 hoch qualifizierten Arbeitsplätze in der Stadt zu halten", sagt Bürgermeister Heyes. Das Unternehmen könne diesbezüglich mit der Unterstützung der Stadt rechnen.

Markus Gather erfuhr gestern durch die Nachfrage unserer Redaktion davon, dass die Alleeschule nun doch verkauft werden soll: ""Ich bin schockiert! Jetzt läuft die ganze Sache Gefahr, dass genau das geschieht, was wir damals - als es um den Verkauf der Alleeschule ging - befürchtet haben." Nämlich: "Der Verkauf macht jetzt die Wege offen für die optische Veränderung des Gebäudes, des Stadtbildes oder einen möglichen Abriss. Wir haben davor gewarnt - wir wurden dafür verhöhnt, verlacht und beschimpft!" Bürgermeister Heyes versucht zu beruhigen: Die Vereinbarung mit der Xcom, der die Stadt die Alleeschule vor rund zwei Jahren verkauft hatte, besage dass die Fassade nicht verändert werden dürfe, gelte auch im Falle eines Weiterverkaufs. Aber: Unter Denkmalschutz steht das Gebäude nicht.

Für die CDU ist der neuerliche Verkauf des Gebäudes ein herber Schlag. Denn sie hatte im Dezember 2013, als sie noch über die absolute Mehrheit im Rat der Stadt Willich verfügte, gegen die Stimmen von SPD, Grünen und FDP durchgesetzt, dass das damals noch städtische Gebäude verkauft werden sollte. Die Xcom kaufte (für rund 750.000 Euro heißt es), steckte noch einmal mehrere Hunderttausend Euro in die Sanierung und eröffnete 2015 dort ihren Unternehmenssitz. Damals war allerdings noch Matthias Albrecht Sprecher des Vorstandes, und er hatte ein Faible für denkmalgeschützte Objekte - auch das Haus Broich gehört zum Konzern, dort hat die Bank für Investments und Wertpapiere ihren Sitz (Wie Unternehmenssprecher Keßler mitteilt, läuft der Mietvertrag 2018 aus).

Doch dann wurden die Unternehmen von der Fintech Group mit Sitz in Frankfurt übernommen. "Ein solches Großunternehmen betrachtet die Gebäude rein nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten, das kann man niemandem vorwerfen", sagt Josef Heyes diplomatisch. Doch auch ihn dürfte die Entwicklung wurmen, sehen sich schließlich jetzt die Gegner des damaligen Verkaufs des städtischen Gebäudes bestätigt.

"Wir haben diese Situation damals vorausgesehen und sind dafür immer wieder von Verwaltungsspitze und CDU angegangen worden", sagt Markus Gather. Hunderte Anrather hätten damals mit der SPD darauf hingewiesen, "dass man so leichtfertig nicht mit dem kulturellen Erbe Anraths umgehen darf, und sind dafür von der anderen Seite angegiftet und angegriffen worden. Nun zeigt sich, dass ihre Befürchtungen einen sehr realen Hintergrund hatten. Wären die Verwaltungsspitze und auch die damalige Mehrheitsfraktion im Rat den Weg der SPD mitgegangen, so hätten wir heute ein Kulturzentrum in Anrath."

Seinerzeit hatten sich auch die "Anrather Köpfe", eine Gruppierung, in der viele SPD-Mitglieder saßen, dafür stark gemacht, aus der Alleeschule ein Bürgerzentrum zu machen. Dieter Lambertz, stellvertretender CDU-Fraktionsvorsitzender aus Anrath, bleibt aber dabei: "Das wäre für die Bürger die schlechteste Variante gewesen. Das hätte die Stadt sich nicht leisten können." Heyes ergänzt: "Ein Bürgerhaus hätte die Stadt jährlich rund 100.000 Euro gekostet. Zudem haben alle Vereine in Anrath bereits eigene Versammlungsstätten." Daher komme es auch jetzt überhaupt nicht infrage, das Gebäude zurückzukaufen.

Was nun aus der Alleeschule wird, ist ungewiss. "Denkbare Nutzungen sind beispielsweise: Senioren- oder Gemeinschaftswohnen, ein Seminarhaus oder Schulungszentrum, Praxen, Büroräume oder als Firmensitz", heißt es in der Annonce des Immobilienmaklers. Heyes stellt klar: "Eine Nutzungsänderung muss von der Stadt genehmigt werden." Allerdings sei, da es sich um ein Kerngebiet handele, "Einiges möglich".

(RP)
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