Baby-Leiche in Willich gefunden Anwohner reagieren mit Fassungslosigkeit

Stadt Willich · Spielende Kinder fanden einen Einkaufsbeutel aus Stoff, der ihnen durch seinen starken Geruch auffiel. Darin befand sich die bereits stark verweste Leiche eines Säuglings. Sie muss dort schon seit zwei Wochen gelegen haben.

 Der Beutel mit der Aufschrift "TIP team für innovative präsentationen GmbH, 41061 Mönchengladbach"

Der Beutel mit der Aufschrift "TIP team für innovative präsentationen GmbH, 41061 Mönchengladbach"

Foto: Polizei

Eine einsame Kerze, unscheinbar am Wegesrand brennend, ist das einzige Zeugnis einer Tat, die sich in den vergangenen zwei Wochen ereignet haben muss und die erst am frühen Freitagabend zum Vorschein kam. An einer Brücke am Klörather Steg in Anrath, in der Nähe des Regenrückhaltebeckens, machten spielende Kinder einen grausigen Fund: Ein toter Säugling lag dort, den jemand offenbar direkt nach der Geburt in eine Plastiktüte und eine Stofftasche verpackt und einfach abgelegt hatte.

Die spielenden Kinder hatten den Beutel bemerkt, weil von ihm ein strenger Geruch ausging, und ihren Vater hinzugerufen. Der schaute nach und entdeckte den bereits stark verwesten Säugling. Bei der Obduktion des Kindes stellten die Mediziner später fest, dass es sich um einen ausgetragenen, reifen männlichen Säugling handelt, der lebensfähig war. Das Kind ist abgenabelt, wobei aufgrund der fortgeschrittenen Zersetzung nicht mehr nachvollzogen werden kann, ob dies fachmännisch geschah. Ebenso lässt sich die Todesursache nicht mehr feststellen. Auf Nachfrage der RP teilte Jürgen Lützen, Sprecher der Polizei Mönchengladbach, mit, dass der Säugling nicht bekleidet war, die Hautfarbe lasse sich nicht mehr erkennen.

"Schrecklich" oder "unfassbar" lauteten gestern einige Kommentare von vorbeikommenden Spaziergängern oder Joggern und Anwohnern. Denn die Baby-Leiche muss dort einige Tage gelegen haben, die Polizei geht von etwa zwei Wochen aus. Eine direkte Anwohnerin hatte den Beutel nämlich schon vor etwa zwei Wochen aus dem Wasser gezogen. Gestern war die Flöth dort ein Rinnsal. Vor zwei Wochen aber führte der Bach Hochwasser, hatte sich darin viel Müll angesammelt. Die Anwohnerin legte den Beutel oben auf die Böschung und wollte ihn später entsorgen. Dazu kam es aber nicht, weil die spielenden Kinder ihn am Freitag fanden.

 Am unteren Bildrand soll der Beutel laut Hannelore Zischewski gelegen haben.

Am unteren Bildrand soll der Beutel laut Hannelore Zischewski gelegen haben.

Foto: Marc Schütz

"Ich kann so etwas nicht verstehen, einige Frauen können keine Kinder bekommen, andere schmeißen ihr Kind einfach weg", sagte gestern eine Hundebesitzerin, die häufig dort spazieren geht. Regelmäßig führt dort auch die 79-jährige Hannelore Zischewski ihren brauen Labrador-Mischling "Franko" aus. Sie sagte gestern: "Ich habe den Beutel dort vor einigen Tagen gesehen, der Inhalt sah aus wie ein Stück rohes Fleisch." Sie musste ihren Hund mehrmals davon wegziehen: "Das Fleisch hätte ja auch vergiftet sein können", sagte sie und erinnerte an die kürzlich in Schiefbahn gefunden Wurststücke, die mit Messerklingen versehen waren.

Hannelore Zischewski, die in Anrath als "Rote Zora" besser bekannt ist und zehn Jahre lang die Gaststätte "Lindenstube" führte, macht sich jetzt selbst den Vorwurf, nicht schon früher die Polizei eingeschaltet zu haben: "Dann hätte man bestimmt mehr über die Todesursache herausgefunden, aber an eine Babyleiche habe ich erst einmal überhaupt nicht gedacht."

Christa Neumann, die ebenfalls in der Nähe wohnt, wurde am Freitagabend auf die schrecklichen Geschehnisse in ihrer Nachbarschaft aufmerksam, als sie einen Einsatzwagen nach dem anderen ankommen sah. Denn die Polizei war sofort nachdem der Vater der Kinder den Fund gemeldet hatte um kurz nach 18 Uhr mit einem großen Aufgebot vor Ort, suchte auch noch in den Abendstunden den Tatort nach Spuren ab. Für die optimale Ausleuchtung sorgte von der kleinen Brücke aus die Feuerwehr, die mit Jugendfeuerwehrwart Markus Mertens und vier Kameraden des Clörather Löschzuges dort bis gegen 21 Uhr im Einsatz war. Das Gelände war inzwischen abgesperrt.

"Ich bekomme Gänsehaut, wenn ich daran denke", sagt Christa Neumann. Auch eine Anwohnerin, deren Haus dem Fundort der Babyleiche am nächsten liegt, ist ganz unwohl bei dem Gedanken: "Hier kommen so viele Fremde Leute vorbei. Ich habe die Tüte selbst am Montag noch gesehen, aber mir nichts dabei gedacht." So sieht es auch ein älterer Herr, der hier häufig mit seinem Hund spazieren geht. "Hier liegt so viel Unrat rum, da schaue ich schon gar nicht mehr hin."

Die Polizei kann demzufolge nur spekulieren, wer den Säugling dort abgelegt haben könnte, und ist dringend auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen. Jürgen Lützen von der Polizei glaubt, dass diejenigen, die das Kind an dieser Stelle abgelegt haben, den Ort kennen müssen. Denn mit dem Auto kommt man über eine Sackgasse am nächsten heran. Andererseits führt auf der anderen Seite die Straße Kleinfings direkt auf die Kreisstraße 17 (Clörath). Und denkbar wäre auch, dass der Beutel mit dem Kind den Flöthbach entlang getrieben wurde. Schließlich hat es in den vergangenen zwei Wochen durchaus noch heftig geregnet, wodurch der Bach viel Wasser führte.

(wsc)
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