Stadt Willich Astrid Jacob verlässt die Festspiele

Stadt Willich · Die Intendantin steht überraschend für die Schlossfestspiele Neersen nicht mehr zur Verfügung. Sie habe ihr Ziel erreicht, einen "gut bestellten Hof" zu hinterlassen, und wolle sich nun anderen Dingen widmen. Die Saison 2014 war erfolgreich.

 Nina Zschomler aus Nettetal war die 20 000. Besucherin der Saison 2014. Mit ihr freuten sich ihre Oma Giesela Baumgartner (rechts) sowie Hans Kothen (von links) und Doris Thiel vom Festspielverein und Intendantin Astrid Jacob.

Nina Zschomler aus Nettetal war die 20 000. Besucherin der Saison 2014. Mit ihr freuten sich ihre Oma Giesela Baumgartner (rechts) sowie Hans Kothen (von links) und Doris Thiel vom Festspielverein und Intendantin Astrid Jacob.

Foto: Kaiser

Vom kommenden Jahr an wird Astrid Jacob nicht mehr Intendantin der Schlossfestspiele Neersen sein. Dass dies so sein würde, war selbst intern noch nicht langebekannt, und bis Freitagabend hielten alle Beteiligten dicht, um die laufende Spielzeit nicht zu belasten. Die Nachricht kam also überraschend, mancher Festspielfreund reagierte geschockt. "Astrid Jacob hat sich mit diesen Festspielen ein Denkmal gesetzt", sagte Hans Kothen, Vorsitzender des Trägervereins der Festspiele gestern während der offiziellen Pressekonferenz zum Ende der Festspielsaison 2014.

 Seit 2007 leitet Astrid Jacob als Intendantin die Schlossfestspiele. Zudem inszeniert, spielt, singt, schreibt und liest sie für das Neersener Publikum.

Seit 2007 leitet Astrid Jacob als Intendantin die Schlossfestspiele. Zudem inszeniert, spielt, singt, schreibt und liest sie für das Neersener Publikum.

Foto: Kaiser

Bei dieser Gelegenheit erläuterte Astrid Jacob ihre Beweggründe aufzuhören: "Mein Ziel war es von Anfang an, die Zahlen zu regulieren. Die Zahlen sind das A und O, damit das Theater Stabilität hat." Dieses Ziel habe sie erreicht. "Wir können stolz darauf sein, wie sehr die Schlossfestspiele gewachsen sind", so Jacob weiter. Genau 20 452 Zuschauer kamen in diesem Jahr, und damit nur 164 weniger als im vergangenen Jahr - und das trotz zweier immenser Hemmnisse: Die Fußball-Weltmeisterschaft und das schlechte Wetter machten es den Verantwortlichen in diesem Jahr nicht eben leicht, die Spiele über die Bühne zu bringen. Dass ihnen dieses dennoch gelang, machte die Führung des Trägervereins umso glücklicher.

Vor acht Jahren hatte Astrid Jacob die Intendanz der Festspiele übernommen. Vor allem die Zahlen des Kinder-, Jugend- und Familientheaters (Jacob: "die Basis des Theaters") wollte sie auf Vordermann bringen, was ihr ab dem zweiten Jahr gelang. Besonders die Schulen wollte sie wieder nach Neersen locken - mit Erfolg: In diesem Jahr wurde für das Kinderstück "Pünktchen und Anton" eigens eine Schulvorstellung eingeschoben, da die übrigen Aufführungen schnell ausverkauft waren.

Doch auch über die gesamten Festspiele gesehen gab der Erfolg Astrid Jacob recht: In ihrem dritten Jahr als Intendantin überschritten die Besucherzahlen die 20 000er-Marke. "Da war eigentlich schon der Punkt erreicht, dass ich mir sagte ,eigentlich könntest du jetzt gehen'", sagte Astrid Jacob gestern. Doch der Zuspruch der Zuschauer habe sie berührt und zum Bleiben bewogen. Die Zuschauer in Neersen haben es ihr angetan, das wurde gestern deutlich, als sie davon schwärmte, wie die Theaterfans den widrigen Wetterbedingungen in diesem Jahr trotzten: Mit Müllbeuteln, Mützen, Regencapes und Kappen bekleidet harrten sie aus und genossen einen "feucht-fröhlichen" Theaterabend. "Mehr Zuwendung und Liebe zum Theater kann man von einem Publikum nicht erwarten", sagte Jacob. Und so musste letztlich auch nur eine Aufführung komplett abgesagt werden, die Benefizvorstellung wurde lediglich um eine Woche verschoben.

"Alle Publikumsschichten müssen erreicht werden. Jeder hat das Recht, ins Theater zu gehen", lautet Jacobs Credo, weswegen es während der Festspiele nicht nur schwere Kost in Form von Klassikern, sondern auch Stücke aus dem Volkstheater - wie in dieser Saison "Opa wird verkauft" - gibt. Nun möchte sie "einen gut bestellten Hof" in jüngere Hände legen - ihr Alter verrät Jacob nicht - und woanders noch einmal von vorn anfangen. "Natürlich falle ich jetzt in ein tiefes Loch. Aber Löcher haben den Vorteil, dass man wieder aus ihnen aufsteigt."

Kothen zeigte sich zuversichtlich, dass man - auch mit Jacobs Hilfe - eine geeignete Nachfolge für die Intendanz finden werde. Wie er angesichts der guten Zahlen insgesamt positiv in die Zukunft blickt und auch nicht um den städtischen Anteil zur Finanzierung bangt. Für die abgelaufene Spielzeit waren 180 000 Euro in den Haushalt eingestellt, die Bekanntgabe der Endsumme erfolgt im Oktober.

(RP)
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