Stadt Willich Auf den Sattel kommt es an

Stadt Willich · In einem Anrather Fahrradgeschäft finden Hinterteil und Fahrradsattel zusammen. Mit modernster Technik findet eine Sattelvermessung statt.

 Jürgen (links) und Tim Wingerath zeigen die Technik, die genau erkennt, welcher Fahrradsattel für ihre Kunden am besten geeignet ist.

Jürgen (links) und Tim Wingerath zeigen die Technik, die genau erkennt, welcher Fahrradsattel für ihre Kunden am besten geeignet ist.

Foto: Wolfgang Kaiser

Auf dem PC-Bildschirm sind Farben in Bewegung. Gelbe und grüne Flecke verändern ihre Form. Ins Auge fällt ein roter Bereich, der an eine liegende Acht erinnert. "Das sieht sehr gut aus. Der Kraftpunkt stimmt jetzt. Schambein- und Steißbereich sind frei, das Sitzen erfolgt allein auf den beiden Sitzhöckern", sagt Jürgen Wingerath. Ein bisschen schmunzelnd fügt der Inhaber des gleichnamigen Zweiradgeschäftes in Anrath an, dass hier gerade ein Rechtshänder Rad fahre. Eine Bemerkung, die zutrifft, wie vom Fahrradfahrer, der für diese Bilder sorgt, bestätigt wird. "Rechtshänder üben beim Treten rechts etwas mehr Kraft aus und Linkshänder entsprechend links. Da die Messung so genau ist, kann man dies sehen", klärt Wingerath auf.

Bei der Messung, die gerade in seinem Fahrradgeschäft erfolgt, handelt es sich um das Vermessen des Gesäßes eines Fahrradfahrers. Was sich im ersten Blick ungewöhnlich anhört, sorgt beim Fahrradfahren für etliche Probleme. Manch einer kennt es, dass schon während einer Radtour das Hinterteil schmerzt, man das Gefühl hat, nicht mehr sitzen zu können, und ein Unwohlsein, teilweise mit Schmerzen im Nacken oder kribbelnden Händen, einhergeht. Der Anrather Fahrradfachhändler schafft hier seit Anfang Mai Abhilfe. Er bietet ein ausgefeiltes Messsystem für optimales Sitzen auf dem Fahrrad. Hinzu kommt das Angebot eines sogenannten Physiotherameters, mit dessen Hilfe ein Rad punktgenau passend eingestellt werden kann.

Allein für eine Sattelvermessung muss sich ein Kunde allerdings Zeit nehmen. Mal eben geht das nicht, wie Wingerath weiß. Seit dem vergangenen Winter hat er sich mit dem Thema beschäftigt und an intensiven mehrwöchigen Schulungen teilgenommen, wobei das Thema Ergonomie eine große Rolle spielte. "Rund zwei Stunden Zeit sollte ein Kunde einplanen, wenn er mit uns einen Termin ausmacht", sagt der Anrather. Ganz wichtig: Das eigene Rad muss natürlich mitgebracht werden. Mit diesem gilt es, zunächst einige Runden vor den Augen von Wingerath zu fahren, damit er die Sitzhaltung an sich studieren kann und feststellt, ob Rahmengröße und Einstellung von Sattelhöhe und Lenker überhaupt stimmen. "Wir haben drei Kontaktpunkte am Rad: die Hände, die Füße und der Hintern. Wenn das Zusammenspiel nicht passt, macht Radfahren Probleme", sagt der Fachmann.

Danach folgt ein Gespräch, bei dem Parameter abgefragt werden - angefangen bei der Nutzung des Rades bis hin zu gesundheitlichen Beschwerden. Dem schließt sich das Einspannen des eigenen Rades in eine Rolle an. Eine Sensormatte mit zig Sensoren wird über den Sattel gezogen und angeschlossen. Dann heißt es aufsitzen und losradeln. Die Sensoren treten in Aktion und messen unter anderem, wo Druckpunkte sind, ob das Schambein aufliegt und wie das Becken geformt ist. Das ermittelte Bild zeigt Wingerath, welcher Sattel infrage kommen könnte. Er setzt einen solchen ein und nimmt eine weitere Messung mit der Sensormatte vor. "Hier schaue ich, ob der empfohlene Sattel passt", sagt Wingerath. In der Regel ist das direkt der Fall. Sollte es einmal nicht so sein, wird ein zweiter Sattel ausprobiert.

In ganz speziellen Fällen kann ein Sattel auch entsprechend nach den, von der Messung ermittelten Bildern angefertigt werden. Eine Sattelvermessung lohnt sich dabei für die Radfahrer, die mehr als eine Dreiviertelstunde Rad fahren, und für alle sportiven Fahrer. Passt ein Rad dagegen nicht, kommt der Physiotherameter dazu in den Einsatz. Denn bevor man ein neues Rad kauft, kann am Altmodell jede Menge verändert werden, damit es passt. "Unser Ziel ist, dass unsere Kunden ohne Schmerzen und problemlos Rad fahren können. Schließlich soll es Spaß machen, wenn man mit dem Rad unterwegs ist", betont Wingerath.

(tref)
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