Willich Babyleiche: Eltern wegen Totschlags angeklagt

Willich · Das Krefelder Landgericht hat am Freitag erste Details zum Prozess um die am 12. September vergangenen Jahres am Flöthbach in Anrath gefundene Babyleiche bekannt gegeben. Ab Montag müssen sich die Eltern des Kindes, eine Frau aus Mönchengladbach und ein Mann aus Dortmund, vor der Ersten Großen Strafkammer wegen Totschlags verantworten.

Grausiger Fund: Säugling in Bach entdeckt
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Mordmerkmale wie Heimtücke, Habgier oder sonstige niedrige Beweggründe seien nicht erkennbar, so Gerichtssprecher Christian Tenhofen.

Spielende Kinder hatten am 12. September einen Einkaufsbeutel aus Stoff gefunden, der ihnen durch seinen starken Geruch aufgefallen war. Sie riefen ihren Vater hinzu, der feststellte, dass sich in dem Beutel eine Plastiktüte mit stark verwesten Überresten eines Säuglings befand. Der Fundort ist am Flöthbach, zu erreichen über einen Fußweg am Klörather Steg von der einen und der Straße Kleinfings von der anderen Seite. Der Polizei war es nach intensiven Ermittlungen gelungen, die Eltern des Kindes, die knapp 21 Jahre alten Mönchengladbacherin Samantha M. und der 20 Jahre alte Dortmunder Dennis F., Ende September zu finden. Seither sitzen sie in Untersuchungshaft.

Die Angeklagten sollen seit September 2013 ein Paar sein, teilt das Landgericht jetzt mit. Im Verlauf der Beziehung sei die Angeklagte von ihrem mitangeklagten Freund ungewollt schwanger geworden — was die junge Frau jedoch nicht habe wahrhaben wollen. In ihrer aktuellen Lebenssituation habe sie sich mit der Geburt eines Kindes überfordert gesehen. Erst im letzten Drittel der Schwangerschaft habe auch der Angeklagte bemerkt, dass seine Freundin schwanger war — und sich mit der Situation ebenfalls überfordert gesehen, da er meinte, "dem Kind zu diesem Zeitpunkt nichts bieten zu können", zitiert das Gericht aus der Anklage.

Alternative Möglichkeiten, wie etwa die Freigabe zur Adoption oder die Abgabe in eine Babyklappe hätten die Angeklagten zwar besprochen, schließlich jedoch verworfen. Zum Ende der Schwangerschaft habe für beide festgestanden, dass sie das Kind töten würden.

Im Juli/August 2014 soll die 21-Jahrige im Badezimmer der von den Angeklagten damals bewohnten Wohnung in Willich einen Jungen zur Welt gebracht haben. Während der Geburt habe der Angeklagte vor dem Badezimmer gewartet, so die Anklage. Als er sie wenig später durch die Badezimmertür gefragt habe, ob alles in Ordnung sei, sei der Säugling bereits geboren und lebensfähig gewesen.

Der Angeklagte habe sich daraufhin in der Gewissheit, seine Freundin werde den Säugling töten, in sein Zimmer zurückgezogen. Die Mutter habe daraufhin das Kind getötet. Dann soll sie die Leiche in einen Plastikbeutel gelegt und diesen dem Angeklagten übergeben haben. Daraufhin habe der 20-Jährige den Plastikbeutel in einem weiteren Stoffbeutel verstaut, den er mit zwei Spaltkeilen beschwert habe, so das Gericht weiter. Schließlich habe er den Leichnam in einem Bach in Willich entsorgt.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Angeklagte zum Tatzeitpunkt wegen einer psychischen Erkrankung in ihrer Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt war. Sie muss dann nur mit einer Strafe von zwei bis elf Jahren rechnen, so Gerichtssprecher Tenhofen. Den Vater erwartet ein Strafmaß von fünf bis 15 Jahren Haft, solange das Gericht nicht auf einen minderschweren Fall erkennt. Dann betrüge das Strafmaß ein bis zehn Jahre Haft.

(RP)
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