Stadt Kempen Cicero - ein Abend im Zeichen des Swings

Stadt Kempen · Der Sänger hatte das Publikum rasch auf seine Seite. Es war ein wunderschöner Sommerabend mit vielen Hits von Altmeister Frank Sinatra. Großes Lob gebührt dem Veranstalter.

 Mit swingenden Evergreens von Altmeister Frank Sinatra hatte Roger Cicero das Kempener Publikum schnell erobert. r

Mit swingenden Evergreens von Altmeister Frank Sinatra hatte Roger Cicero das Kempener Publikum schnell erobert. r

Foto: wolfgang kaise

"Wow, was für eine Location!" - Anja Räthers erster Eindruck von der Burgwiese begeistert die Münsteranerin durchweg. Der Lohn für die frühe Anreise mit ihrer Bekannten Eva-Maria Michels aus Coesfeld sind zwei Plätze in der ersten Reihe - für den Roger Cicero-Fan das Nonplusultra. "Ein begnadeter Musiker" sei er, schreibe "ehrliche Texte", schwärmt Räthers. "Cicero sings Sinatra" betitelte der Berliner Barde sein Programm, mit dem er nach Konstanz und vor Berlin in Kempen gastierte.

"Total zufrieden" konnte Christian Albertz mit ausverkauftem Haus, sprich 1400 Gästen, sein. Der Geschäftsführer des veranstaltenden Verkehrsvereins Kempen (VVK) war anfangs noch nervös, denn für Roger Cicero galten "erhöhte Sicherheitsstandards", sprich mehr Security und blickdichte 1,80 Meter-Zäune. Doch alle Sorgen waren unbegründet, denn auf den gelungenen freitäglichen Klassik-Auftakt des Sommermusik-Festivals folgte ein nicht weniger schöner Abend im Zeichen des Swing - entspannt, ohne Zwischenfälle, professionell.

100 Helfer sorgten dafür, dass den Gästen von der "Regenjacke für alle Fälle" über Fächer, schwarze "Cicero"-Hüte bis zum Catering an nichts fehlte. Für letzteres war dank frühen Einlasses genügend Zeit, und so ließ man es sich köstlich schmecken: getrüffelter Kartoffel-Gurken-Salat mit Mini-Frikadelle (Dirk Castor), Beef-Burger mit Rucola (Fander), dazu passende Weine (Straeten) und andere Kaltgetränke taten zur Stimmung das ihrige.

Männer prosten sich mit Biergläsern zu, Frauen halten Weingläser weit unten am Stil - auch in der Pause sprach das Publikum dem Genuss gerne zu. Die laue, blaue Stunde brachte endlich angenehmere Temperaturen mit sich, ein leichter Wind durchstreifte die effektvoll angeleuchteten Baumwipfel. Im Schatten von Burg und Franziskanerkloster hatten auch Olaf Schmitz und Kollegen vom DRK mehr Muße, verteilten kostenlos flaschenweise Wasser.

"Zu Beginn hatten wir einige hitzebedingte Einsätze, meist war es der Kreislauf", so der Bereitschaftsleiter. "Ich wusste gar nicht, dass es hier in Kempen so heiß werden kann", kommentierte ein (noch) gut gelaunter Roger Cicero eingangs dazu passend. Mit "I've got you under my skin" hatte er das Publikum schnell auf seiner Seite, seine unverwechselbar weiche Verve-Stimme brachte ihm satten Applaus ein.

Ganz klar: Ciceros Swing-Erfahrung kommt ihm bei Sinatra zugute, doch ist es seine Bigband, die den Sound maßgeblich prägt. 13 Profimusiker betteten so auch Ciceros Eigenkomposition "Zieh die Schuh aus" in samtweichen Schmelz - ein geheimnisvoller, ja fast schon behäbiger Einstieg war das, gefolgt von der Detonation einer Swing-Bombe mit stehenden Ovationen und bewegtem Publikum. Fingerschnippen, Fußwippen: Cicero gefällt sich in der Rolle des Anzug tragenden Gentleman.

Doch die Fassade bröckelt. Er diskreditiert einen Fotografen vor der Bühne und rügt den Pianisten ("Über den Triller reden wir aber noch mal") gut hörbar für alle. Schieben wir es auf die Hitze oder seine angeschlagene Stimme - noch nachmittags mussten für ihn Pastillen und Cornetto-Eis besorgt werden - Roger Cicero gab die Diva. Mit dem Zeigefinger hinterm Ohr forderte er mehr Applaus, ließ sich feiern.

Doch das wahre Lob gilt den Machern des Festivals.

(RP)
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