Thema Aufbruch Den Mut haben, nach vorne zu schauen

Willich · Aufbrüche gib es viele. In der Natur ist der Frühling eine Zeit des Aufbruchs. Kleingärtner erzählen davon. Und der Willicher Thomas Porwol, der in Polen geboren wurde, Kommunikationselektroniker und PC-Fachmann war, wird bald Priester sein.

Willich Aufbrüche gehören zum Leben von Thomas Porwol dazu. Der Willicher, der Anfang April in Aachen die Diakonenweihe empfangen hat und am Samstag vor Pfingsten 2015 zum Priester geweiht werden wird, hat Aufbrüche für sein Leben als sehr bereichernd erlebt. "Das ist vielleicht auch so, weil ich Abenteuern offen gegenüber stehe", sagt der 35-Jährige.

Ein großer Aufbruch war für den damals Elfjährigen, der im oberschlesischen Ruda geboren wurde und in einem Ort in der Nähe von Kattowitz aufgewachsen ist, die Aussiedlung nach Deutschland. Er erinnert sich noch genau an die Farbenvielfalt, die ihm hier im Vergleich zum Grau in Grau im Polen der späten 1980er Jahre aufgefallen ist. Nur mit einem kleinen Koffer kamen er, seine Eltern und sein Bruder und seine Schwester nach Deutschland, in ein Land, dessen Sprache er nicht beherrschte. Zu Besuch waren sie gefahren zu Geschwistern seiner Mutter, zurückgekehrt nach Polen sind sie nicht mehr. "Meine Mutter wollte eine bessere Zukunft für uns Kinder", sagt Thomas Porwol. Freunde in Polen zurückzulassen war für ihn nicht einfach. Auch wenn sich Porwol von den Deutschen gut aufgenommen fühlte, sagt der heute 35-Jährige: Der Umzug nach Deutschland - zunächst lebte die Familie in Düsseldorf, später zog sie Mitte der 1990er Jahre nach Willich - war für den damals Elf-Jährigen ein kompletter Neuanfang, ein Perspektivenwechsel.

Der zweite Aufbruch war für Thoams Porwol der Umzug von Düsseldorf nach Willich, von der Großstadt aufs Land. Die Großstadt habe ihn geprägt, sagt er. Noch heute bereist er gerne Großstädte. Der von seinem katholischen Elternhaus geprägte Porwol wurde in Willich Messdiener, machte so seine ersten Schritte in der Gemeinde. Er besuchte das Berufskolleg in Mönchengladbach und machte eine Ausbildung zum Kommunikationselektroniker, was seiner technischen Neigung entsprach. Seiner zweiten Neigung, dem Sinn für Kreativität, folgte er beruflich 2004, nachdem er sein Fachabitur gemacht hatte. Porwol machte sich als Kommunikationsdesigner selbstständig. Bis 2008 war er Inhaber einer Agentur für Werbung und digitales Marketing. Aus dieser Zeit ist ihm der Umgang mit den neuen Medien bestens vertraut. In den Social Media ist er zuhause.

Dann entschloss sich Porwol, sich beim Bistum Aachen als Priesteramtskandidat zu bewerben. Voraufgegangen waren viele Gespräche mit Freunden und Priestern, in denen der Willicher merkte, dass ihn die Frage nach Gott, den letzten Dingen und Spiritualität sehr interessierte. Zudem machte er bereichernde Erfahrungen bei Weltjugendtagen, so dass er sich entschloss Priester zu werden. Der 30. Geburtstag war für den Willicher ein Wendepunkt im Leben. "Ich stellte mir die Frage: Was willst Du im Leben eigentlich", sagt Porwol. Er sei zum Ergebnis gekommen, dass im viel Gutes widerfahren sei, das nicht ohne eine Antwort bleiben könnte. Diese Antwort sah er in der Zuwendung zur Theologie, ein Fach, das ihn interessierte, das er schon 2005 nebenbei studieren wollte.

Dass er in seinem Beruf als Seelsorger von Erfahrungen seiner früheren Berufe profitieren kann, liegt für Thomas Porwol auf der Hand. Er weiß, wie man Menschen über die Social Media erreicht, er weiß aus der Werbepsychologie, wie Zielgruppen ticken, wie man sie am besten ansprechen könnte. Das will er sich auch als Diakon und später als Priester zu nutze machen. "Ich habe da schon so einige Dinge im Kopf" sagte er. Mehr möchte der Willicher aber nicht verraten.

Bevor er diese Ideen weiter ausgestaltet, ist er ein Jahr lang Diakon in der Aachener Pfarre St., Jakob. In dieser Zeit lebt er im Priesterseminar in Aachen, um sich auf das Priestertum vorzubereiten. Da er keine typische Sakristei-Karriere habe wie andere Priesteramtskandidaten müsse er sich jetzt vertraut machen "mit den Basics der Sakramentenspendung und der Liturgie", sagt der Willicher.

Rückblickend auf die Aufbrüche in seinem Leben sagt Thomas Porwol, dass man bei jedem Aufbruch auch etwas zurücklasse. Die Neugier auf das Neue, die er in sich habe, habe stets dazu geführt, dass er den Aufbrüchen immer etwas Positives abgewinnen konnte. Menschen sollten den Mut haben, nach vorne zu schauen. Das ist es auch, was er den Menschen vermitteln möchte, denen er als Seelsorger begegnet. "Sie sollten sich ruhig auf Neues einlassen, denn Gott trägt die Menschen, auch wenn es mal nicht gut läuft", sagt er.

(RP)
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