Gemeinde Grefrath Der Heimatverein und seine Perle an der Niers

Gemeinde Grefrath · Der Heimatverein kümmert sich rührend um sein Oedt, die Perle an der Niers. Ein Treffen mit dem Vorstand auf dem Turm von Burg Uda.

 Vom Turm der Burg Uda hat man einen wundervollen Blick auf Oedt. Im Hintergrund fast aneinandergereiht: die Vituskirche, der Girmes-Schornstein und der Wasserturm.

Vom Turm der Burg Uda hat man einen wundervollen Blick auf Oedt. Im Hintergrund fast aneinandergereiht: die Vituskirche, der Girmes-Schornstein und der Wasserturm.

Foto: wolfgang kaiser

Kaum betritt man die Burg Uda, konfrontiert einen der Heimatverein mit einer bemerkenswerten Tatsache: "Genau hier, wo Sie stehen, war früher der Kerker, die Tür gab es damals nicht", sagt der Vorsitzende Karl A. Willmen. Die Gefangenen wurden einst mit einem Seil heruntergelassen. Nicht überliefert ist, wie viele von ihnen wieder nach oben zurückkehrten. Die rauen Jahre sind vorbei. Kein Burgbesucher braucht heute mehr zu fürchten, im Verlies zu enden.

Die Burg Uda, sie ist das Prestigeobjekt des Heimatvereins. Ihm ist es zu verdanken, dass der Verfall der alten Gemäuer gestoppt wurde. Im den vergangenen Jahre wurde die Burg regelrecht herausgeputzt und erstrahlt heute in frischem Glanz. Erbaut wurde das "Castrum Ude" um 1300, die erste bildliche Darstellung stammt aus dem Jahr 1623. 1957 gab es umfangreiche Restaurierungsarbeiten, die im Hinblick auf eine Weiterexistenz der Ruine dringend notwendig waren. Der stellvertretende Vorsitzende Heinz Panzer erinnert sich noch gut an die 60er-Jahre, als die Archäologen anrückten: "Alles wurde damals wissenschaftlich aufgearbeitet." Die Burg, stellte sich heraus, war auf knochenharten Eisensand gebaut. Der war anno dazumal ein Glücksfall für den Bauherren Dietrich Leuf III.. Ansonsten hätte der Graf von Kleve so seine Probleme mit dem sumpfigen Niersbruch gehabt. Das ist auch schuld daran, dass es rund um die Burg niemals unterirdische Tunnel gegeben hat. Die wären eine feuchte Angelegenheit geworden.

 Der Heimatverein mit Heinz Panzer (l.) und Karl A. Willmen an der Spitze hat aus der Burg Uda ein wahres Kleinod gemacht.

Der Heimatverein mit Heinz Panzer (l.) und Karl A. Willmen an der Spitze hat aus der Burg Uda ein wahres Kleinod gemacht.

Foto: Kaiser, Wolfgang (wka)

Seit 2013 ist Burg Uda dank der rührigen Arbeit des Heimatvereins ein Museum, das sich bei den Oedtern größter Beliebtheit erfreut. Möglich wurde das auch mithilfe vieler Sponsoren und günstiger Bedingungen ortsansässiger Handwerksbetriebe. Besucher erfahren allerlei Wissenswertes über die Geschichte der Burg und der einst selbstständigen Gemeinde Oedt sowie über die Arbeit des Niersverbandes. Wer sich traut, kann in der Burg auch heiraten. Zum Trauzimmer führt eine steile Treppe - Gelegenheit zu einer letzten Gewissenprüfung, ob man denn auch wirklich . . .. Bisher wollten sie alle, erzählt Willmen und erinnert sich noch ganz genau an eine eher ungewöhnliche Eheschließung: Eine Paar aus Neuseeland habe sich in der Burg das Ja-Wort gegeben und statt Ringe Amulette ausgetauscht.

Kommen die Oedter selber eigentlich auch in "ihre" Burg? Ja, versichern die beiden Vorstandsmitglieder unisono. Willmen nannte als Beispiel eine Frau, die ihm erzählt habe, sie sei nach der Renovierung erstmals seit 34 Jahren in den alten Gemäuern gewesen. Familien, Schulen und Kindergärten sind regelmäßig zu Gast in der Burg Uda und machen mit einem der inzwischen 36 Führer eine Reise in die Vergangenheit. Bei Klassentreffen kramen Ex-Pennäler, von denen viele inzwischen weit weg von Oedt leben, verschüttete Erinnerungen aus ihrer Knabenzeit heraus.

Gemeinde Grefrath: Der Heimatverein und seine Perle an der Niers
Foto: Kaiser, Wolfgang (wka)

Ein buntes Plakat zeigt, wie das Leben auf Burg Uda früher war oder zumindest gewesen sein könnte. Besonders für Kindern ist dabei ein ganz bestimmtes Fenster der Blickfang. Toiletten gab es damals nicht. Wer musste, hielt einfach seinen Hintern raus.

Vom Turm hat man nach 123 Stufen einen wunderschönen Ausblick auf Oedt und Umgebung. Sofort ins Auge fällt die Vituskirche, fern am Horizont sieht man aber auch die Kirchtürme von Grefrath, Anrath und Vorst. Der Vitusdom liegt dem Heimatverein sehr am Herzen, der Förderverein bemüht sich nach Kräften um den Erhalt des Gebäudes als Kirche.

Ins Auge fällt aus der luftigen Höhe auch das eigentliche Wahrzeichen von Oedt, der Girmes-Turm - steinernes Symbol einer einst blühenden Textilindustrie. In seiner Nähe steht der 1928 erbaute Wasserturm mit seinen beiden Kammern. An beiden Gebäuden wird nichts getan. Was beim Wasserturm unter anderem daran liegt, dass die Eigentumsverhältnisse nicht so genau geklärt sind. Der Schornstein befindet sich im Besitz der Investoren, die sich des Girmes-Geländes angenommen haben. Aus diesen schönen alten Gebäuden könne man eine Menge machen, meint der Heimatverein: "Das würde aber auch eine Menge Geld kosten."

Was viele nicht wissen: Die Weltkugel, die einst den Schornstein zierte, ist einem Sturm zum Opfer gefallen. "Die ist heruntergefallen und total zerdeppert. Die ist nur noch Müll", sagt Willmen.

Beim Abstieg fallen einige Fotos mit Motiven aus Oedt und Umgebung auf. Nichts Künstlerisches, mit einer ganz einfachen Kamera aufgenommen. "Die Bilder zeigen, wie schön Oedt ist", sagt der Vorsitzende des Heimatvereins. Er wünscht sich, dass noch mehr Touristen kämen, um sich von dieser Tatsache zu überzeugen. Neulich sei eine Radgruppe aus dem Ruhrgebiet zu Gast gewesen. Die Radler hätten im Internet von der "Niersperle" gelesen und seien neugierig geworden. Die Radler haben versprochen, Oedt auf alle Fälle weiterzuempfehlen.

Was Willmen und Panzer besonders schätzen, ist der große Anteil, den die Oedter an der Arbeit ihres Heimatvereins nehmen. Auch die Zusammenarbeit mit den anderen Vereinen sei bemerkenswert, ebenso die mit der Gemeindeverwaltung. Ein wenig stolz ist Willmen auf seinen eigenen Verein: "Was wir machen, funktioniert nur in Teamarbeit, bei uns kann sich jeder auf jeden verlassen. Das ist ein fundamentaler Schatz. Nur so kann man etwas bewegen. "

Ein großer Wunsch nicht nur des Heimatvereins, sondern aller Oedter ist indes noch nicht erfüllt, liegt auch nicht in ihren Händen - eine Änderung der Verkehrsituation im Ortskern. Versuche, auf der Hochstraße Tempo 30 einzuführen, sind mehrfach gescheitert. Es handelt sich um eine Kreisstraße, die Gemeinde hat hier keinen Einfluss. Wünsche kann sie äußern, entschieden wird aber anderswo.

Die Burg Uda ist bis Oktober sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei, eine Spende aber durchaus willkommen. Eine Führung findet an jedem ersten Samstag im Monat um 14 Uhr statt. Die Teilnahme ist kostenlos. Gruppen können unter Telefon: 02158 63 15 gesonderte Führungstermine ausmachen.

(RP)
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