Stadt Kempen Die Zahl der Problem-Familien steigt

Stadt Kempen · Die Katholische Erziehungsberatung in Kempen hatte auch im vergangenen Jahr wieder unerfreulich viel zu tun. Immer mehr Eltern fühlen sich hilflos und überfordert. Durch einen Krankheitsfall kam es zu Engpässen.

In der Statistik für das vergangene Jahr stehen bei der Katholischen Beratungsstelle der Caritas am Oedter Pfad in Kempen 346 Klienten zu Buche. 198 von ihnen meldeten sich neu an, die anderen wurden aus dem Vorjahr übernommen. Mit 226 Beratungssuchenden konnte man ein Abschlussgespräch führen. Die Klienten kommen größtenteils aus Kempen, aber auch aus Grefrath, Tönisvorst und Nettetal. Die langfristige Erkrankung einer Mitarbeiterin führte dazu, dass es an Planungssicherheit mangelte. Erst nach drei Monaten ist es gelungen, eine Vertretung für fünf Wochenstunden einzustellen. Zwei Monate danach wurde die Stundenzahl auf 15 erhöht. Hinzu kam eine zweite Vertretungskraft mit ebenfalls 15 Wochenstunden.

Trotzdem war der normale Beschäftigungsumfang nicht vollständig abgedeckt, zwölf Stunden fehlten. "Es entstand wieder eine Wartezeit zwischen Anmeldung und Erstgespräch. Wir haben diesen Rückschritt sehr bedauert", schreibt Renate Philippen in ihrem letzten Jahresbericht. Sie ist kürzlich altersbedingt ausgeschieden, ihr Nachfolger ist Achim Wolters. Der Trend der vergangenen Jahre, dass die Anzahl der belasteten Familien zunimmt oder sich auf hohem Niveau einpendelt, hat sich auch 2014 fortgesetzt. Bei rund 30 Prozent der Fälle sind Trennung oder Scheidung im Spiel, teilweise hochstrittig. Ist ein halbwegs friedlicher Dialog kaum oder gar nicht mehr möglich, bietet die Beratungsstelle so genannte begleitete Umgangskontakte an. Wegen der Personalknappheit können das aber nur jeweils vier gleichzeitig sein.

Erklärtes Ziel ist es, mit den Müttern und Vätern möglichst einen gemeinsamen Weg zu erarbeiten, wie das Kind auf Dauer wieder vernünftigen Umgang mit beiden Elternteilen haben kann. Es geht nicht darum, den alten Streit fortzusetzen, sondern mit Blick auf das Wohl des Kindes nach neuen Lösungen zu suchen, wie man die Besuchskontakte einvernehmlich gestalten kann. Begleitete Kontakte sind naturgemäß nur für eine gewisse Zeit sinnvoll und keine Dauerlösung. Ergebnisse werden schriftlich festgehalten. Sobald es allerdings dem Kindeswohl widerspricht, behält die Beratungsstelle es sich vor, die begleiteten Kontakte abzulehnen oder abzubrechen. Die Nachfrage ist hoch: Die Beratungsstelle ist im Bereich des Kempener Amtsgerichts die einzige Institution, die begleiteten Umgang anbietet. Caritas-Direktor Burkard Schröders betont im Jahresbericht, dass generell immer mehr Eltern Probleme mit der Erziehung haben oder sogar vollkommen scheitern: "Sie fühlen sich hilflos und können ihre Kinder möglicherweise nicht mehr erreichen." Dann erhoffen sie sich Hilfe von Experten. Die kennen die hohen Anforderungen, denen Eltern und auch Kinder heutzutage ausgesetzt sind. Patentrezepte haben aber auch sie nicht parat. Den Eltern werden allenfalls Wege aufgezeigt, Präsenz zu zeigen und den Kreislauf aus Hilflosigkeit und Rückzug zu unterbrechen. "Für Eltern ist es ein Zeichen von Reife, wenn sie ihr Verhalten korrigieren können", betont der Caritas-Direktor.

Auch in Kempen und Umgebung ist es laut Jahresbericht der katholischen Beratungsstelle der Caritas so, dass viele ratsuchende Familien eine deutlich intensivere Hilfestellung brauchen als die Erziehungsberatung leisten kann. Hier mache sich einmal mehr die verbreitete Ressourcenknappheit im Jugendhilfe- und Gesundheitswesen konkret bemerkbar.

(RP)
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