Stadt Willich "Ehe für alle": Geduld ist gefragt

Stadt Willich · Auch in Willich können gleichgeschlechtliche Paare ab Oktober heiraten. Allerdings können die Ehen noch nicht korrekt ins elektronische Register eingetragen werden. Das sei ein bundesweites Problem, teilt die Stadt mit.

Für viele gleichgeschlechtliche Paare geht am 1. Oktober ein Traum in Erfüllung: Von diesem Tag an können sie den Bund der Ehe schließen - und nicht mehr nur eine Eingetragene Lebenspartnerschaft eingehen. In Willich finden im kommenden Monat bereits die ersten beiden gleichgeschlechtlichen Eheschließungen statt. "Die jeweiligen Paare hatten ihre Termine bereits vor längerer Zeit reserviert, damals noch für die Eintragung einer Lebenspartnerschaft", sagt der Willicher Standesbeamte Uwe Hennze.

Ein paar Haken hat die "Ehe für alle" aber noch, wie ein 75-jähriger Willicher und sein 69 Jahre alter Partner nun erfahren mussten. Das Paar ist seit stolzen 46 Jahren zusammen und ging im Jahr 2006 eine Eingetragene Lebenspartnerschaft ein. "Wir wollen diese Partnerschaft jetzt in eine Ehe umwandeln", sagt der 75-Jährige. Eine "große Zeremonie mit Brimborium" wolle man gar nicht haben, eine einfache Umschreibung würde dem Paar völlig reichen. Aber: In diesem Jahr wird das wohl nichts mehr. Und das hat mehrere Gründe.

Zum Einen ist es nicht so einfach, in Willich einen Termin zu bekommen: "Aktuell, das heißt Stand 20. September, sind freie Termine ab Anfang November 2017 verfügbar, wobei darauf hinzuweisen ist, dass in der Regel täglich neue Terminanfragen eingehen", so Uwe Hennze. Auch wegen des schönen Ambientetrausaals im Schloss Neersen erfreue sich das Standesamt Willich großer Beliebtheit im Kreis Viersen und der umliegenden Städte und Gemeinden. Hinzu kommt: Mit einer einfachen "Umschreibung" ist es nicht getan: Auch die Umwandlung einer Lebenspartnerschaft ist eine Eheschließung und sollte in einem würdigen Rahmen und nicht "zwischen Tür und Angel" erfolgen. Dies gehe aus einem internen Schreiben des Bundesministeriums des Inneren an die Standesämter hervor, erklärt Hennze. Eine neue Eheschließungszeremonie ist also verpflichtend vorgeschrieben. "Selbst dann also, wenn beide Lebenspartner und der Standesbeamte Einigung darüber erzielen würden, die Umwandlung lediglich in Form einer einfachen Unterschrift vollziehen zu wollen, wäre damit den Formvorschriften nicht genüge getan und die Eheschließung damit unwirksam", so Hennze weiter.

Ein weiteres Problem bereitet ein Computerprogramm, mit dem bundesweit alle Standesämter arbeiten. Bestehende Lebenspartnerschaften können zwar ab Oktober rechtswirksam umgewandelt, aber noch nicht im elektronischen Register gespeichert werden. Dies wird erst mit einem größeren Update ab dem 1. November 2017 möglich sein. "Gravierender und anscheinend schwieriger ist die Umstellung der Leittexte in den Registern und somit auch in den Urkunden", bedauert Uwe Hennze. "Hier können vorerst nicht zwei Männer oder Frauen und folglich ein Partner mit falschen Geschlecht eingetragen werden. Dies ist sehr bedauerlich." Diese Anpassung der Software werde bundesweit voraussichtlich erst zum 1. November 2018 behoben. Die für die Anwendungssoftware der Standesämter zuständige Firma habe darauf hingewiesen, dass eine derart weitreichende Gesetzesänderung wie die der "Ehe für alle" auch wegen der kaum gegebenen Vorbereitungszeit zwischen Gesetzesbeschluss am 30. Juni dieses Jahres und Inkrafttreten einige Zeit benötige, um in die Software eingepflegt zu werden. "Den Anwendern im Standesamt, und zwar bundesweit, wird es damit möglicherweise erst Ende 2018 möglich sein, gleichgeschlechtliche Ehen von deren Anmeldung über die Durchführung bis hin zur Anlage des Eheregisters und dem Ausstellen von Eheurkunden korrekt elektronisch abzubilden", so Hennze. "Auf diesen Missstand weisen wir hin, damit es später nicht eine böse Überraschung gibt."

Ein wenig enttäuscht sind der 75-jährige Willicher und sein Partner aber schon darüber, dass sie in ihrer Heimatstadt nicht kurzfristig heiraten können - und wandten sich daher an den Bundestagsabgeordneten Udo Schiefner (SPD). Als er sich erkundigte, erfuhr auch er von den Software-Problemen, gab den beiden aber den Rat, sich an ein anderes Standesamt im Kreis Viersen zu wenden. Und siehe da: Die beiden Männer haben nun einen Termin am 18. Oktober - und zwar in Kempen.

Dem nun möglicherweise entstehenden Eindruck, das Standesamt Willich würde gleichgeschlechtliche Paare benachteiligen, widerspricht Uwe Hennze entschieden: "Weder hat das Standesamt Willich früher Unterscheidungen oder Bevorzugungen bei der Terminvergabe zwischen Eheschließungen und Lebenspartnerschaften gemacht, noch wird es diese in Zukunft zwischen verschieden- und gleichgeschlechtlichen Ehen geben." Auch der 75-Jährige betont, man sei in Willich sehr freundlich gewesen, und auch die Eingetragene Lebenspartnerschaft sei 2006 überhaupt kein Problem gewesen.

(RP)
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