Stadt Kempen Eine Drehorgel für Kempen

Stadt Kempen · Günter Neließen, pensionierter Lehrer am Berufskolleg, hat in Eigenarbeit vier Jahre lang an einer Drehorgel gebaut. Jetzt ist sie fertig und wird morgen erstmals in einem Konzert vorgestellt.

 So sieht das fertige Prachtstück aus: Morgen wird es im Konzert gespielt.

So sieht das fertige Prachtstück aus: Morgen wird es im Konzert gespielt.

Foto: Kaiser Wolfgang

Organisten werden immer mal wieder gebeten, neue Orgeln kritisch zu testen. Vor kurzem erhielt die Kempener Organistin Ute Gremmel-Geuchen jedoch eine ungewöhnliche Anfrage: Sie sollte eine Drehorgel begutachten, die ein Kempener in jahrelanger Eigenarbeit gebaut hatte.

 Mit einer umgebauten Nähmaschine werden für die verschiedenen Töne Löcher in das Lochband der Drehorgel gestanzt.

Mit einer umgebauten Nähmaschine werden für die verschiedenen Töne Löcher in das Lochband der Drehorgel gestanzt.

Foto: WOLFGANG KAISER

Zunächst etwas skeptisch besuchte sie Günter Nelißen, der mit seiner Ehefrau im Kempener Blumenviertel wohnt. Dort hat er in der im Keller befindlichen Werkstatt seines Eigenheims in etwa vier Jahren eine Drehorgel gebaut. Dem immer schon musikbegeisterten Kempener, der als Sänger im bekannten Arnoldchor mitwirkt, stand für seine Arbeit lediglich eine Bauanleitung, die er im Museum für mechanische Musikinstrumente in Rüdesheim erhalten hatte, zur Verfügung. Sämtliche Teile des Instruments, das Gehäuse, die Bälge, die Pfeifen der vier verschiedenen Register und vor allem die komplizierte Mechanik hat der Kempener selbst gebaut. Dabei hat sich der Maschinenbauer Günter Nelißen, der Anlagemechaniker am Rhein-Maas-Berufskolleg unterrichtet hat, mit viel Phantasie zunächst eigene Maschinen zum Bau der Orgel konstruiert: Eine alte Nähmaschine wurde zum Beispiel zu einer Stanzmaschine umfunktioniert, um damit die Lochrollen zur Wiedergabe der diversen Melodien anfertigen zu können. Bei der Herstellung der Pfeifen hat der Kempener lange experimentiert, um einen optimalen Klang zu erreichen. Nun, so staunte die Organistin Ute Gremmel-Geuchen, kennt er sich so gut aus wie ein versierter Orgelbauer. "Das Instrument klingt wunderbar. Die Pfeifen haben eine deutliche Ansprache; der Klang der einzelnen Register ist sehr charakteristisch", schwärmt die Kempener Organistin.

Abgesehen von der einwandfreien Technik im Inneren der Orgel, ist auch das Äußere mit sehr viel Liebe zum Detail gestaltet. Das Gehäuse ist in zarten Pastellfarben gehalten; die Kanten sind mit Messingbeschlägen verziert und die Schauseite ist sogar mit der Kempener Stadtsilhouette geschmückt. "Die habe ich vorsichtig von Hand ausgesägt", erläutert der Instrumentenbauer.

Günter Nelißen war als Kollege des Pfarrers Roland Kühne am Berufskolleg mehrfach auf Haiti, um dort mit Schülern Aufbauarbeiten nach den verheerenden Erdbeben zu leisten. Mit seiner Drehorgel möchte er dieses Haiti-Hilfsprojekt des evangelischen Pfarrers zusätzlich unterstützen: "Immer wenn ich die Orgel drehe, freue ich mich über Spenden für Haiti", betont der pensionierte Lehrer.

Ute Gremmel-Geuchen ist so begeistert von dem Instrument, dass sie gleich für einen besonderen Rahmen für die Premiere, für den ersten "öffentlichen Auftritt" der Kempener Drehorgel gesorgt hat: Am Mittwoch, dem 31. Mai wird die Orgel um 20 Uhr in der Paterskirche zu hören sein. Bas de Vroome (siehe Artikel links), international bekannter Organist aus Delft, wird die König-Orgel spielen, und Günter Nelißen wird nach der ersten Konzerthälfte die Kurbel seiner Orgel in Bewegung setzen. Das Publikum darf gespannt sein, welche Lieder er seiner Drehorgel entlocken wird. Am Ende wird Bas de Vroome über eines der Lieder improvisieren.

Auch beim nächsten Auftritt des Arnoldchores, am 11. Juni um 16 Uhr in der Christ-König-Kirche wird Günter Nelißen vor Beginn des Konzertes die Zuhörer mit seiner Orgel einstimmen. Hoffentlich wird das Kleinod, die erste Kempener Drehorgel, häufig in Kempen zu hören sein.

(RP)
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