Serie Vor 450 Jahren Erstes rheinisches Täuferbekenntnis in Kempen aufgezeichnet

Anders gestalteten sich die Verhältnisse im Ostteil des Kreises, in Kempen, Tönisvorst, Willich, wo der Erzbischof von Köln zugleich Landesherr war. Nachdem der Versuch des Erzbischof-Kurfürsten Hermann von Wied, das Erzstift der Reformation zuzuführen, schon in den 1540er-Jahren gescheitert war und auch das Bemühen des Kölner Kurfürsten Gebhard Truchsess von Waldburg, das Land evangelisch zu machen, nicht von Erfolg gekrönt war, blieb Kurköln katholisch.

Aber Bekanntschaft mit bilderstürmerischen Gedanken hat man hier durchaus gemacht. So ist 1543 konkret überliefert, wie evangelisch Gesinnten forderten, das "Bildnis unserer lieben Frauen" an einem "unehrlichen Platz" außerhalb der Stadt zu verbrennen. Auch das Bildnis der heiligen Anna geriet ins Visier der Neugläubigen. Dabei muss man wissen, dass der Streit, ob man sich von Gott und den Heiligen "ein Bild machen" sollte, eine Jahrhunderte lange Tradition in der Kirche hatte. Schon in frühchristlichen Jahrhunderten waren Zweifel aufgekommen, ob man Jesus beispielsweise überhaupt angemessen darstellen könne. Auch hat es oft theologische Diskussionen gegeben, ob die bildliche Darstellung von Heiligen denn zu einer monotheistischen Religion passe. Das alles kann die blinde Zerstörungswut, auf die man im 16. Jahrhundert trifft, aber nicht rechtfertigen.

Kempen war zudem ein Schwerpunkt der Wiedertäufer (Ananbaptisten, Mennoniten). Das erste rheinische Täuferbekenntnis wurde in Kempen aufgezeichnet. Diese mennonitische Kempener Tradition setzte sich in der Neuen Welt fort. Der erste öffentliche Protest gegen den Sklavenhandel trug 1683 die Handschrift der Enkel des nach Pennsylvanien ausgewanderten Kempener Bürgers Hermann op den Graeff.

Und auch das gehört zur Erinnerung an die Zeit, als in den Niederlanden der Kampf der Calvinisten gegen die spanische Herrschaft tobte. In Kempen predigte 1565 Engelbert Faber, einer der herausragenden Pioniere des reformierten Bekenntnisses am Niederrhein. Auch in Roermond, Venlo und Köln ist sein Auftreten bezeugt.

An der Einführung des Heidelberger Katechismus am Niederrhein dürfte Engelbert Faber erheblichen Anteil haben. Über sein Wirken ist demnächst eine große Untersuchung des Chefs des Limburgs Museum in Venlo, Jos Schatorje, zu erwarten.

(plp)
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