Stadt Willich Für andere in schweren Stunden da sein

Stadt Willich · Verena Hülsmann setzt in der dritten Generation die Familientradition im Willicher Bestattungshaus Beenen fort. Die junge Frau ist Bestattermeisterin. In Deutschland gibt es nur drei Berufsschulen für diesen Ausbildungsberuf.

 Im April erhielt sie ihren Meisterbrief: Die 24-jährige Willicherin Verena Hülsmann ist jetzt Bestattermeisterin.

Im April erhielt sie ihren Meisterbrief: Die 24-jährige Willicherin Verena Hülsmann ist jetzt Bestattermeisterin.

Foto: WOLFGANG KAISER

An die erstaunten Blicke, wenn sie die Frage nach ihrem Beruf beantwortet, hat sich Verena Hülsmann inzwischen gewöhnt. Wer schlank, zierlich, blond und auch noch jung ist, wird mit dem Beruf in der Regel nicht in Verbindung gebracht. Die 24-jährige Willicherin ist Bestattermeisterin. "Bei einem Bestatter haben die meisten Menschen das Bild eines stämmigen Mannes im schwarzen Anzug vor sich. Wenn ich dann komme, gucken viele erst einmal erstaunt", sagt Verena Hülsmann. Dabei ist es ein Beruf, den inzwischen viele Frauen erlernen, wie die Willicherin während der eigenen dreijährigen Ausbildung feststellen konnte. In ihrer Klasse waren deutlich mehr Frauen als Männer vertreten. "Es ist ein sensibles und einfühlsames Thema und daher denke ich, entscheiden sich Frauen vermehrt für diesen Beruf", sagt die Willicherin.

Sie selber wuchs mit dem Thema Tod und Trauer auf. Ihr Großvater Jakob Beenen gründete das gleichnamige Bestatterhaus im Jahr 1947, das ihre Eltern später übernahmen. In welche Richtung es einmal selber beruflich gehen würde, war der Willicherin, die das Berufskolleg mit dem Fachabitur Wirtschaft und Verwaltung abschloss, seinerzeit noch nicht klar. Nach verschiedenen Praktika in anderen Berufen erfolgte ein 14-tägiges Praktikum in einem Neusser Bestatterunternehmen. Danach stand für die damals 17-Jährige fest, sie würde den Beruf eines Bestatters erlernen.

"Menschen in dieser speziellen Situation helfen, ihnen zur Seite zu stehen und den Weg durch die Trauer zu gehen, das wollte ich", erklärt Verena Hülsmann ihren Berufswunsch. In Neuss, wo sie auch ihr Praktikum absolvierte, startete sie die Lehre, die sie mit Bestnoten 2014 abschloss. Ganze drei Berufsschulen gibt es in Deutschland für den Ausbildungsberuf, eine darunter in Wermelskirchen, die die Willicherin auch besuchte. Die Berufsschule erfolgte in dreiwöchigen Blöcken. Für die überbetriebliche Unterweisung ging es nach Münnerstadt in Bayern. Die Ausbildung als solche ist umfangreich. Sie reicht vom Rechnungswesen über Friedhofskultur und Trauerpsychologie bis hin zur Aufbahrung. Im Januar 2015 begann Verena Hülsmann mit dem Meister in Münnerstadt. Am 6. April dieses Jahres konnte sie stolz den Bestattermeister ihr eigen nennen.

Für die 24-Jährige gehört der Tod zum Leben dazu, daher versteht sie die immer noch bestehende Tabuisierung nicht. Es ist kein einfaches Thema, aber eins, das sie bewegt, ihr Grenzen aufzeigt und Emotionen auslöst, mit denen man lernen muss umzugehen. "Es gibt immer wieder Dinge, die einem selber sehr nahe gehen. Man darf auch mal traurig sein im Büro. Wichtig ist es, seine eigenen Grenzen zu kennen", sagt die Bestattermeisterin. Für sie ist der Sport ein wichtiger Ausgleich. Beim Ausdauersport kann sie ihre Gedanken sortieren und bekommt "den Kopf wieder frei", wie ihre Beschreibung lautet. Für die Hinterbliebenen da sein, sie beraten und auch einmal in den Arm nehmen, wenn der Moment dafür da ist, das macht den Beruf aus. Ein wichtiges Stichwort ist die Empathie, ohne sie läuft nichts. Dazu kommt aber auch das organisatorische Geschick. Behörden, Lieferanten - es sind viele Menschen neben den Hinterbliebenen, mit denen ein Bestatter zu tun hat. Die Bezeichnung "Eventmanager für den Tod", die in diesem Berufszweig fällt, mag sich zwar etwas ungewohnt anhören, aber letztendlich ist eine Menge Organisation mit dem Tod und einer Beerdigung verbunden. Die Arbeit mit einem toten Menschen an sich ist für Verena Hülsmann etwas Normales. Das Wichtigste ist ihr dabei der pietätvolle Umgang mit einem Verstorbenen. "In der Ausbildung lernt man das hygienische Waschen und Ankleiden eines Toten. Das ist ganz normal und gehört zum Beruf dazu", berichtet sie. Was die Bestattermeisterin anfangs schwierig fand, war der Umgang mit Unfallopfern. Da habe sie sich herantasten müssen. Aber auch dazugerufen zu werden, wenn irgendwo ein Unfall passiert und ein Bestatter benötigt wird, macht einen Teil des Berufsbildes aus. Für Verena Hülsmann ist es nicht einfach ein Beruf, sondern eine Berufung, für andere Menschen in deren schwersten Stunden da zu sein.

(tref)
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