Stadt Willich Gefangene fertigten Kreatives an

Stadt Willich · Die beiden Anrather Justizvollzugsanstalten hatten zum gemeinsamen Weihnachtsmarkt eingeladen.

 Im Gefängnismuseum und auf dem Außengelände waren zahlreiche Stände aufgebaut, an denen die von den Gefangenen hergestellten Produkte angeboten wurden.

Im Gefängnismuseum und auf dem Außengelände waren zahlreiche Stände aufgebaut, an denen die von den Gefangenen hergestellten Produkte angeboten wurden.

Foto: Wolfgang Kaiser

Gefangene, die in den Monaten zuvor in den Betrieben der Justizvollzugsanstalten oder in ihrer üppig bemessen "Freizeit" in irgendeiner Weise aktiv und kreativ waren, sah man nicht. Dafür aber von ihnen jede Menge Handgefertigtes, vom Schaukelpferd bis zu Nistkästen mit den Logos von Borussia Mönchengladbach und Schalke. Zum dritten Male hatten die beiden Anstalten, das Männer- und das Frauenhaus, einen gemeinsamen Weihnachtsmarkt durchgeführt.

Sogar aus Krefeld, Mönchengladbach oder Kaarst kamen die Interessierten angereist, in vielen Fällen waren dies Bekannte oder Freunde der Vollzugsbeamten, aber nicht nur. Der kreative Markt mit allerlei nützlichen und dekorativen Produkten war drinnen und draußen am "Historischen Gefängnismuseum Niederrhein" aufgebaut. Dabei konnte man sich auch gleich die Museumsräume anschauen.

In einem solcher Räume mit Ausbruchwerkzeugen oder Fotos von Tätowierungen an den Wänden wurden die Beamten Thomas Hurtmann und Museums-Direktor Georg Maydt zu Weinverkäufern. "Sehr lecker, ich nehme gleich eine Kiste mit sechs Flaschen", entschied sich Sabine Vieten aus Alt-Willich schnell für einen Riesling. Der Traubensaft wird in einer Außenstelle der JVA Heilbronn (Baden-Württemberg) hergestellt. "Zwölf Beamte haben dort eine Winzerausbildung, und die Gefangenen helfen mit", erklärt Georg Maydt. Nebenan zeigten auch einige nicht einsitzende Hobby-Künstlerinnen ihre Gestecke, Adventskränze oder Keramikarbeiten, so Brigitte Filsinger, Sonja Wozniak oder Ruth Stiegen.

Draußen gab es ebenfalls jede Menge. "Probieren Sie mal unsere Quarkbällchen", meinten die Bäckermeister Karl-Heinz Bruck und Norbert Flocken von der anstaltseigenen Bäckerei, die mit 14 Gefangenen Backwaren für 16 Justizvollzugsanstalten herstellt. Die Quarkbällchen, Brote und Weckmänner waren schnell vergriffen. Fast nebenan gab Tobias Röhder, Koch in der Ausbildungskantine, mit seinen Helfern Erbsensuppe oder Reibekuchen aus.

Unter den kreativen Gefangenen war unter anderem Hildegard K. (Name geändert). Die über 40-Jährige, die noch etwa vier Jahre wegen Betruges absitzen muss, hatte schöne und kunstvolle Armbänder und Ketten gemacht. Andere inhaftierte Frauen hatten mit Holz und Farben gearbeitet und Puzzles oder originelle Garderobenbügel hergestellt. Andere bunte Taschen, Tücher, Kissen oder Decken. "Bei uns bilden sich derzeit etwa zehn inhaftierte Frauen zwei Jahre lang als Bekleidungsfertigerinnen aus und machen abschließend vor der IHK ihre Gesellenprüfung", erläuterte eine Beamtin.

Außerdem verkaufte die Gruppe Gartenbau Adventskränze und -gestecke oder stellte die anstaltseigene Druckerei, dort arbeiten rund 40 Gefangene, nur einige ihrer fachmännischen Produkte aus, etwa Kalender oder das Merkbuch "Knast Notizen". "Der Einband dieses Notizbuches ist aus ausgemusterter Knast-Bettwäsche", erklärte Thomas Hurtmann, der mit Michael Stöcker, Thomas Leesker und seinem Team den Markt organisiert hatte. Mit einem Stand war noch das Vorster Medikamenten-Hilfswerk Action Medeor vertreten. Aus gutem Grund: Medeor wird in den nächsten Tagen den Erlös dieses Weihnachtsmarktes erhalten.

(wsc)
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