Stadt Willich Gefangenenchor singt Beatles-Song

Stadt Willich · Auch die Justizvollzugsanstalt Willich I. beteiligt sich an der ersten "Knastkulturwoche" in Nordrhein-Westfalen. In der Anrather Gefängniskapelle trat der Gefangenenchor "Will-ich People" auf und lasen die Krimi-Cops aus ihrem Roman.

 Die Krimi-Cops in Aktion (von links:) Klaus "Stickel" Stickelbroeck, Martin Niedergesähs und Ingo Hoffmann sind drei von fünf Krimi-Autoren, die in Anrath aus ihrem fünften Krimi "Knock out"

Die Krimi-Cops in Aktion (von links:) Klaus "Stickel" Stickelbroeck, Martin Niedergesähs und Ingo Hoffmann sind drei von fünf Krimi-Autoren, die in Anrath aus ihrem fünften Krimi "Knock out"

Foto: JVA / FRANK Schürmanns-Maasen

Es war sicherlich die am besten gesicherte Kulturveranstaltung in dieser Woche. Wer an der Autorenlesung teilnehmen wollte, musste an der Pforte seinen Personalausweis abgeben. Auf dem begleiteten Weg zur Kapelle wurden drei Türen auf- und abgeschlossen. Die Kapelle jedoch ließ vergessen, dass man in einem Gefängnis war. Die hohen Mauern, der Stacheldraht und die Laternen lagen hinter einem. Die Kapelle war in ein gedämpftes Licht getaucht, die Stuhlreihen waren gut gefüllt. Zu der geschlossenen Veranstaltung waren viele ehrenamtliche Freunde und Helfer der JVA eingeladen worden.

Zur Begrüßung wies Anstaltsleiterin Charlotte Narjes auch auf die Bilder auf Staffeleien vor den Wänden hin. Gefangene hatten die Bilder in der Kunstgruppe erschaffen. Dass Blumenmotive überwiegen, verwundert nicht. Auch der Schmetterling inmitten der engen Zellenwände liegt nahe. Einen bissigen bunten Fisch erwartet man in dieser Reihe dagegen nicht unbedingt. Zeichnerisch fortgeschritten ist das Bild, in dem zu entdecken ist, wie inmitten eines düsteren Waldes ein Mann ein Pferd bändigt.

Auftritt des Gefangenenchores: Wer aber jetzt an Beethovens Oper "Fidelio" und Verdis "Nabucco" denkt, liegt völlig verkehrt. Der Gefangenenchor, den Vera Bühl seit zwei Jahren in ständig wechselnden Besetzungen "trainiert", liebt Pop und Rock. So lauschen die Zuhörer Paul Simons "Sound of Silence" (Mit der ersten Zeile "hello darkness, my old friend"), aber auch dem vertonten Goethe-Gedicht "Der König von Thule". Höhepunkt war dann zum Schluss der Beatles-Song "Hey Jude" von Paul McCartney. Beim Schlussteil mit der Zeile "Na na na na-na-na-na, na-na-na-na Hey Jude" sang dann das gesamte Publikum mit.

Zentraler Teil der Knastkunst war aber die Lesung der Krimi-Cops, jedenfalls von dreien der fünf. Die "echten" Polizisten kennen sich seit zehn Jahren, als sie gemeinsam auf der Wache Nord in Düsseldorf Dienst hatten. In ihren Büchern verarbeiten sie nach Feierabend mal komische, mal härtere Einsätze der zurückliegenden Schicht. Mit tatkräftiger Unterstützung der anderen Kollegen der Polizeiinspektion Nord haben sie nun bereits ihren fünften Kriminalroman verfasst: "Knock out". Als Kriminalhauptkommissar Pit "Struller" Struhlmann und sein Praktikant Jensen die Reste eines Motorboots durchsuchen, das zuvor mit einem donnernden Krachen im Düsseldorfer Hafen explodiert ist, entdecken sie eine gefesselte Frauenleiche. Die turbulenten Ermittlungen führen die beiden Cops in düstere Altstadtspelunken, in lärmige Partykneipen, an einen Pornofilm-Dreh und schließlich müssen sie sich fragen, ob bei einem durchgeknallten Happening-Künstler Genie und Wahnsinn ein wenig zu fließend ineinander übergehen. Bei der Szene, wie dem Kommissar eine Pistole an die Schläfe gehalten wird, brechen die Krimi-Cops die Lesung ab. Gemein.

(RP)
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