Stadt Willich Grenzweg als Überschwemmungszone?

Stadt Willich · Blaue Flecken auf den Landkarten bedeuten für die Anwohner des Grenzweges nichts Gutes: Ihre Grundstücke und Häuser sollen in einem noch auszuweisenden Überschwemmungsgebiet liegen.

 Die Straße Grenzweg wird von den Anliegern als Damm gegen das Nierswasser gesehen. Sie ist aber kein "technischer Hochwasserschutz" laut Fachbegriff, erklärt die Bezirksregierung den strittigen Satz im Erläuterungsbericht zu den Überschwemmungsgebiet-Karten.

Die Straße Grenzweg wird von den Anliegern als Damm gegen das Nierswasser gesehen. Sie ist aber kein "technischer Hochwasserschutz" laut Fachbegriff, erklärt die Bezirksregierung den strittigen Satz im Erläuterungsbericht zu den Überschwemmungsgebiet-Karten.

Foto: Wolfgang Kaiser

Gegen das Konzept wollen sie sich mit Nachdruck und juristischem Beistand wehren: Die Anwohner des Grenzwegs entlang der Niers sind gegen den Verordnungsentwurf zur "Festsetzung der Überschwemmungsgebiete des Nierssystems", der diese Überschwemmungsgebiete beidseitig entlang der Niers ausweist - ihre Grundstücke und landwirtschaftliche Flächen eingeschlossen. Bei einer Info-Veranstaltung, zu der die Interessengemeinschaft Grenzweg nun kurzfristig eingeladen hatte, stellte Fritz Friedrich, Mitarbeiter der Stadt Willich, den Hintergrund vor: Die EU etabliert ein Hochwasserrisiko-Management in ihren Mitgliedsstaaten. Zur Vorbereitung müssen die Verwaltungsapparate der Regionen - hier die Bezirksregierung Düsseldorf - auch Gebiete entlang ihrer Flüsse benennen, in die laut Rechenmodell im Falle eines "Jahrhundert-Hochwassers" Wasser einfließt und auch einfließen darf - als Überschwemmungsgebiet.

Die Bezirksregierung hat mit der Erarbeitung einer solchen Modellrechnung mit Erläuterungsbericht für die Niers die "Hydrotec Ingenieurgesellschaft für Wasser und Umwelt" beauftragt - und diese hatte die bebauten Flächen entlang des Grenzwegs als Überschwemmungsgebiete vorgeschlagen. Der entsprechende Plan-Entwurf liegt derzeit in der Verwaltung der Stadt Willich zur Information und Stellungnahme der Bürger aus.

Die Folgen einer solchen Ausweisung sind vielfältig: Sie schränken unter anderem die Bebauung oder die Ausweisung neuer Baugebiete ein, wenn sie in Konflikt mit dem planerisch ausgewiesenen Zweck des Gesamtgeländes stehen. Auch versicherungsrechtliche Folgen sind zu befürchten. Die Besucher der Info-Veranstaltung reagierten entsetzt: Sie befürchten, dass ihre Grundstücke und Häuser an Wert verlieren - denn wer wolle ein Grundstück mit derartigen Restriktionen kaufen?

Zweites Problem: Die Einwendungsfrist gegen das Vorhaben ist knapp: Der Planentwurf liegt nur noch bis zum 28. Juli aus - und die Frist für die Einreichung von Einwendungen endet 14 Tage später. Das ist angesichts der komplizierten Thematik wenig Zeit. Der als Referent eingeladene Hubert von Grabczewski (Verein gegen die Vernässung der bewohnten Niersniederungen und Vorstand des Vereins wassergeschädigter Hauseigentümer Neuss) führte aus, dass die Grundlage der Hydrotec-Berechnung nicht korrekt sei. In dem Erläuterungsbericht wird ausgeführt, es gebe keinen Hochwasserschutz an der Niers. Das stimme nicht, so Grabczewski: Es gebe einen Ausbauplan und ein Profil (Tiefen und Breiten im Querschnitt durch den Flusslauf) für die Niers. Wenn das eingehalten werde, sei der Hochwasserschutz sichergestellt. Er warf dem Niersverband vor, dem Ingenieurbüro diese Informationen verschwiegen zu haben. Auch sei nicht mitgeteilt worden, dass die Straße Grenzweg als Damm fungiere. Grabczewski wiederholte seine frühere Kritik, dass der Niersverband die Niers nicht genug "entkraute" und die Pflanzen den Wasserabfluss verlangsamen. Er empfahl, diese Argumente in den Einwendungen zu verwenden. Seine Kritik unterstützte Peter Joppen, der Vorstandsvorsitzende des Wasser- und Bodenverbandes der Mittleren Niers; "Die Karte ist eine klare Enteignung", und der Niersverband müsse unter Druck gesetzt werden, das eigentlich vorgesehene ausreichende Profil der Niers sauberzuhalten.

Auf Nachfrage der RP erklärte Prof. Dietmar Schitthelm, der Vorstand des Niersverbandes: "Der Auftrag der Bezirksregierung bezog sich auf die Berechnung der Ausuferung auf Basis von durch aktuelle Vermessungen festgestellte Längs- und Querprofile." Diese Darstellung eines Ist-Zustandes werde aktualisiert. So sei beispielsweise der Effekt eines in Bau befindlichen Rückhaltebeckens in Geneicken auch noch nicht berücksichtigt, werde aber in sechs Jahren in die dann vorgesehene Überarbeitung eingepflegt.

Der Sprecher der Bezirksregierung, William Wolfgram erklärte, diese gehe "davon aus, dass der Karte keine fehlerhaften Berechnungen zugrunde liegen. Sollte sich das aber im Rahmen der Einwendungen ergeben, gehen wir dem nach, und sollte die Notwendigkeit bestehen, werden wir Anpassungen vornehmen." Er glaubt an eine Miss-Interpretation des Erläuterungsberichtes: Die Situation am Grenzweg sei keine "technische Hochwasserschutz-Einrichtung", aber der Wasserablauf-Effekt sei im Modell berücksichtigt.

(djm)
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