Stadt Willich Händler sind gegen autofreien Markt

Stadt Willich · Ende August wird es in Willich eine Bürgerbefragung geben. Einzelhändler warnen eindringlich davor, den Marktplatz für den Verkehr zu sperren. Sie befürchten eine Verödung der Innenstadt.

 Noch dürfen Autofahrer über den Marktplatz in Alt-Willich fahren. Derzeit wird diskutiert, dies künftig zu verbieten und den Platz umzugestalten. Einzelhändler würden dies gern verhindern.

Noch dürfen Autofahrer über den Marktplatz in Alt-Willich fahren. Derzeit wird diskutiert, dies künftig zu verbieten und den Platz umzugestalten. Einzelhändler würden dies gern verhindern.

Foto: Wolfgang Kaiser

Ob der Marktplatz in Alt-Willich für den Verkehr freigegeben bleiben soll oder ob er komplett autofrei wird, darüber sollen nach dem Willen der Politik demnächst die Bürger entscheiden. Einen entsprechenden Stimmzettel mit dazugehöriger Infobroschüre haben die vier im Stadtrat vertretenen Parteien jetzt auf den Weg gebracht, Ende August soll er den stimmberechtigten Bürgern in Alt-Willch und Wekeln zugehen. Die CDU hatte darauf gedrängt, in der Infobroschüre auch auf die Sorgen der Einzelhändler hinzuweisen, die eine Sperrung des Platzes für den Verkehr fürchteten. Die Rheinische Post hat einige Geschäftsinhaber nach ihrer Meinung gefragt.

Der Inhaber der Markt Apotheke, Dr. Christian Förster, steht einer Sperrung für den Verkehr kritisch gegenüber. Zum einen seien die baulichen Voraussetzungen nicht gegeben - denn es gebe zu viel Wohnfläche gegenüber der Fläche von Ladenlokalen. Zum anderen komme rund die Hälfte seiner Kunden, vor allem die älteren, mit dem Auto bis vor die Tür. "Diese würden in Zukunft zum größten Teil wegfallen", fürchtet Förster. Schon jetzt stünden viele Ladenlokale leer, und so ist Försters Sorge, dass das Zentrum verödet. Er stützt sich auf eine Studie des Bayerischen Einzelhandelsverbandes und des bayerischen Wirtschaftsministeriums, die besage, dass als Voraussetzung für eine funktionierende Fußgängerzone eine Verkaufsfläche von 5000 Quadratmeter gilt. Willich habe im betreffenden Bereich nur eine Fläche von etwa 1500 Quadratmetern, so Förster.

Es fehle vor allem eine Art "Magnetbetrieb", um die Leute in die Fußgängerzone zu locken, findet der Apotheker. Wenn jetzt auch noch die Autos und Parkplätze wegfielen, würden die Menschen sich besser zu erreichende Ziele aussuchen. "Nur weil eine Zone verkehrsberuhigt ist, kommen nicht mehr Leute dorthin. Auch die geplanten Attraktionen für Kinder reichen nicht, um Leute auf den Marktplatz zu locken", ist sich Förster sicher und führt als Negativbeispiel Büderich an, wo die Sperrung für den Verkehr Ende der 90er-Jahre zu einer Verödung geführt habe. Er schlägt für Alt-Willich vor, die Straße näher an die Kirche zu verlegen, so habe auch die Gastronomie, wie zum Beispiel die Eisdiele und das Lokal Kleeberg, mehr Platz für Bestuhlung.

"Wir sterben aus ohne Durchgangsverkehr. Es ist sehr wichtig, gesehen zu werden", sagt auch Alfred Erren, Inhaber des gleichnamigen Geschäftes. Auch er ist für eine Verschönerung des Platzes, diese dürfe aber nicht das Autoverbot beinhalten. Markus Panknin, Inhaber des Schuh- und Modehauses, hat ähnliche Befürchtungen. Er habe vor allem ältere Kundschaft, die selbst mit dem Auto komme oder sich vom Taxi bis vor die Tür fahren lasse: "Das ist doch der einzige Wettbewerbsvorteil, den wir noch gegenüber dem Internet haben. Wenn uns das nun genommen würde, kämen auch keine Kunden mehr", sagt er.

Ha-Jo Heintgens, Inhaber eines Juwelier-Geschäftes, kann sich keinen Kompromiss vorstellen: "Wir können zumachen", sagt er. Von ein paar Fußgängern könne man nicht leben, fährt er fort. Sonntags sei es für die Geschäfte egal, wenn die Zone verkehrsberuhigt sei, sagt Heintgens. Doch auch hier sei kein Kompromiss zu finden, da sonst die Gastronomie benachteiligt würde.

Andrea Tinelli, Inhaberin der Gaststätte Maaßen, sieht eine Verbesserung der Einkaufsstraße nicht in einem Verbot für Autos, sondern in der Eigeninitiative vieler Ladenbesitzer. Man solle vor seinem Geschäft beispielsweise sauber machen und vielleicht auch ein paar Blumen pflanzen, sagt sie. Außerdem müsse man die Stadt mit Musik und anderen Dingen beleben, wie es beim Blütefest der Fall war. Doch auch sie denkt, dass der Ortskern aussterben würde, wenn dort keine Autos mehr fahren dürften. Schon jetzt falle Laufkundschaft durch die Schließung des Krankenhauses weg. Tinelli schlägt einen Kompromiss vor: Man könne nach Ladenschluss die Fußgängerzone für Autos sperren, da die Cafés, Eisdielen und Gaststätten meist sowieso mit dem Fahrrad angefahren würden.

"Ein Brunnen und Kinderspielgeräte werten keine Stadt auf", sagt Ulrich Keesmakers, der Inhaber der Eisdiele "Willicher Eishimmel". "So ein Brunnen führt nur zu weiterem Vandalismus", fährt er fort. Ohne das Krankenhaus sei Willich sowieso nur noch ein Dorf, und die geplanten Maßnahmen hielten nicht dagegen. Schon jetzt habe man zu wenig Parkplätze für die Kunden, und die Lage werde sich durch eine autofreie Zone nur noch verschlechtern, so Keesmakers. Seiner Meinung nach müsse man um die Kirche herum eine neue Strukturierung vornehmen und ein Konzept entwickeln, das einen verkehrsberuhigten Bereich auf der einen und Mobilität auf der anderen Seite ermögliche.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort