Stadt Willich Haute Couture bei den Schlossfestspielen

Stadt Willich · Im Ratssaal verkörperte Inez Timmer mit französisch inspiriertem Flair die Modedesignerin Coco Chanel. Das Publikum im ausverkauften Ratssaal dankte mit begeistertem Beifall.

 Inez Timmer als Coco Chanel in Schloss Neersen.

Inez Timmer als Coco Chanel in Schloss Neersen.

Foto: WOLFGANG KAISER

Die Damen waren eindeutig in der Überzahl. Für ihr zahlreiches Erscheinen gab es "compliments" - natürlich gemünzt auf das modische Erscheinungsbild. Auf dem Weg zur Bühne im Ratssaal machte Inez Timmer als Coco Chanel mit sicherem Auge Schick und Charme in den Zuschauerreihen aus und kommentierte "très charmante" mit französischem Akzent. Auf der Bühne angekommen, verkörperte sie in Wort und Gesang die ungewöhnliche Biographie der Frau, die von sich sagte: "Wenn man ohne Flügel geboren wurde, darf man sie nicht am Wachsen hindern". Beim musikalischen Abend waren französische Sprache und Akzent im aparten Mix mit dem Deutschen allgegenwärtig. Französische Chansons begleiteten die Zeitreise von der Jugend bis ins Alter der Frau, die aus einfachen Verhältnissen kam und mit Stil, Eleganz, aber auch Skrupellosigkeit ein Modeimperium schuf.

Darstellerin Timmer verkörperte diese Biographie bewegend und facettenreich. Sie gab der Ikone eine Stimme, die authentisch die Palette der Gefühle von Euphorie, Trauer, Wut und Verzweiflung wie auch entschlossene Zielstrebigkeit und Zwischentöne traf. Sie ließ teilhaben an den inneren Erschütterungen der Chanel, die im Beruf über viele Jahre Erfolge feierte, doch ihr privates Glück nicht auf Dauer zu halten vermochte. Geheiratet haben ihre Liebhaber die hochgeborenen Damen.

Mit eindringlich gesungenen Chansons unterstrich Timmer die Charakterisierung ihrer Figur sowie die Verweise auf Ort und Zeitgeist. In Anspielung auf Chanels Erfolg bei den Hollywood-Stars brachte die vielseitige Darstellerin amerikanischen Swing ein. Als es um Chanels Rolle während des Zweiten Weltkrieges ging, sang sie mit dunkler Stimme "Davon geht die Welt nicht unter", Erfolgsschlager in der NS-Zeit.

Während des Spiels wechselte Timmer Kleider und Accessoires als sichtbare Begleiter einer Modegeschichte. Sie bedeckte ihr Haar mit schwarzen Locken und Hüten in der Art der Kreationen, die Chanels frühe Erfolge ausmachten. Doch sie entblößte auch immer wieder ihr eigenes, kurz geschnittenes Haar. So waren die Grenzen zwischen Illusion und dem Spiel betont und doch fließend. In der Rolle der Journalistin, die begierig darauf ist, Chanels Biographie zu schreiben, brachte Timmer geschickt einen Perspektivwechsel auf ein Leben mit seinen Erfolgen und Schattenseiten ein. Viele rhetorische Fragen am Ende der Vorstellung kreisten um den Gedanken, wie sehr der ständige Kampf um Anerkennung eine Frau so werden ließ, wie sie schließlich war. Das Publikum dankte mit begeistertem Beifall. Timmer hängte keine Zugabe an, doch beim Ausgang verabschiedete sie sich per Handschlag von ihrem Publikum.

(anw)
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