Stadt Willich Hebammen fordern Unterstützung

Stadt Willich · Die Hebammen stehen bundesweit vor großen Problemen. Die Versicherungsprämien sind ins Unerschwingliche gestiegen, was Existenzen bedroht. Nicole B. aus Schiefbahn hofft auf Hilfe.

 Gestiegene Haftpflichtversicherungsprämien machen Hebammen das Leben schwer. (Symbolfoto)

Gestiegene Haftpflichtversicherungsprämien machen Hebammen das Leben schwer. (Symbolfoto)

Foto: dpa/Caroline SeidSeidel-Dißmannel

Wenn Nicole B. über ihren Beruf spricht, leuchten ihre Augen. "Es ist eine superschöne Arbeit, gemeinsam mit einer Schwangeren den Weg zur Geburt zu gehen, Geburtshilfe zu leisten und Nachsorge zu betreiben. Es baut sich ein Vertrauensverhältnis auf, das es, glaube ich, in keinem anderen Beruf gibt", schwärmt die Schiefbahnerin von ihrer Arbeit als Hebamme. Ihren Beruf wird sie immer lieben, doch ob sie ihn in einem Jahr noch wird ausüben können, steht auf einem anderen Blatt. Der Grund dafür liegt in der Berufshaftpflichtversicherung.

Die Haftpflichtversicherungsprämien haben sich in den vergangenen Jahren mehr als verzehnfacht, und das unabhängig von den Geburten, die eine Hebamme begleitet. Aktuell zahlt eine Hebamme pro Jahr eine Prämie von rund 6500 Euro. "Als freiberufliche Hebammen tragen wir Kosten, die wir teilweise gar nicht mehr erwirtschaften können. Fakt ist, dass immer mehr Hebammen mit ihrer freiberuflichen Tätigkeit aufhören", sagt B.. Und das bemerken Schwangere, wenn sie auf der Suche nach einer Hebamme sind. Es wird immer schwerer, eine zu finden. Etliche sind über Monate hinaus ausgebucht, weil sich viele ihrer Kolleginnen aus der Geburtshilfe zurückgezogen haben. Denn wenn die Versicherungskosten das Einkommen auffressen, ist es wenig sinnvoll zu arbeiten - egal, wie viel Freude man an dieser besonderen und verantwortungsvollen Arbeit hat.

Die Erhöhung der Versicherungsprämien begründet sich allerdings nicht dadurch, dass es mehr geburtsrechtliche Schadensfälle gibt, für die Hebammen verantwortlich gemacht werden. Vielmehr sind die Ausgaben für schwere Schäden, wenn sie denn passieren, drastisch gestiegen. Schadensersatzansprüche sind in die Höhe geschnellt und dank des medizinischen Fortschrittes leben auch schwer behinderte Kinder heute länger. Was aber wiederum bedeutet, dass die Kosten für deren Lebensunterhalt nach oben geklettert sind. Galten im Jahr 2003 noch 2,5 Millionen Euro als ausreichend für eine Schadensabdeckung, so liegt die Regulierungssumme heute bei sechs Millionen Euro.

Die Haftpflichtproblematik zieht aber noch weitere Kreise. Der Versicherungsmarkt ist inzwischen so dezimiert, dass der Deutsche Hebammenverband derzeit immer nur für ein Jahr eine Versicherung anbieten kann. Hebammen dürfen aber nur arbeiten, wenn sie eine ausreichende Berufshaftpflichtversicherung nachweisen können. Für die Hebammen heißt das: Sie können de facto nur bis zum 1. Juli 2016 arbeiten, denn diesen Zeitraum deckt der gerade geschlossene Vertrag ab. "Das Problem ist, dass alle die Verantwortung von sich schieben, angefangen bei der Politik über den Hebammenverband bis zur Gesundheitskassenvereinigung", sagt B.. Sie persönlich setzt auf Hilfe durch die Bundeselterninitiative Mother Hood, die sich für die Hebammen engagiert und Tausende von Eltern zusammenschließt, die einen entsprechenden Druck ausüben können.

Weitere Stolpersteine für die Hebammen kommen von den Krankenkassen: Diese haben Ausschlusskriterien, die den Hebammen, die Hausgeburten betreuen bzw. in Geburtshäusern arbeiten, das Leben zusätzlich schwer machen. So dürfen zum Beispiel Schwangere nicht mehr außerklinisch entbinden, wenn sie über den errechneten Termin hinaus sind. Machen sie es doch, übernimmt die Krankenkasse die Kosten nicht. Ausgleichszahlungen und Sicherstellungszuschläge, die es derzeit für Hebammen gibt, sehen die Hebammen nicht als die endgültigen Lösungen an, um zu verhindern, dass immer mehr Hebammen ihren Beruf aufgeben.

(tref)
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